Jobmarkt: Unternehmen werben um Ex-Mitarbeiter

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Hire and Fire – der berühmt-berüchtige Slogan hat lange das angeblich typische Verhalten von profitorientierten Unternehmen gegenüber Mitarbeitern auf den Punkt gebracht. Doch die alten Regeln gelten nicht mehr. In Personalabteilungen – neudeutsch: Human Resources – diskutiert man neuerdings den umgekehrten Trend. Man könnte ihn eigentlich auch »Fire and Hire« nennen. Experten nennen das aber lieber »Boomerang Hiring«, also die Wiedereinstellung des ehemaligen Mitarbeiters.

Boomerang Hiring liegt im Trend
Ein Hauptgrund hierfür ist nicht nur der viel zitierte Fachkräftemangel und das Know-how der entlassenen Kollegen, sondern auch das sogenannte Employer Branding. Die Angestellten und Mitarbeiter sind ein wichtiger Botschafter des Unternehmens und beeinflussen das Image. Darunter fallen auch die »Ehemaligen«. Und wenn ein Ex-Mitarbeiter nach der Entlassung nicht vergessen und vielleicht sogar in die Firma zurückgeholt wird (Boomerang Hiring), ist das die beste Imagewerbung.

Dass Personaler und Topmanager großer Unternehmen sich diese Einsicht in letzter Zeit immer mehr zu Herzen nehmen, ist die zentrale Botschaft der Studie »Internal Employer Branding« der Personalberatungsunternehmens Kienbaum Communications.

80 Prozent der Firmen setzen auf Employer Branding
Mehr als 80 Prozent der Firmen haben bereits eine Strategie fürs Employer Branding entwickelt oder bereiten diese vor. Auch während der Wirtschaftskrise hätten 40 Prozent der Befragten nicht darauf verzichtet. Die Kienbaum-Mitteilung zitiert Udo Nadolski, Geschäftsführer des Unternehmens Harvey Nash: »Der Trend, ehemalige Verantwortungsträger nochmals ins Boot zu holen, ist in vielen Branchen erkennbar«. Harvey Nash ist ein auf Technical Recruitment, Strategic Leadership und Outsourcing Services spezialisiertes Unternehmen aus Düsseldorf.

62 Prozent der Top-Unternehmen (oberer Balken, Blau) legen beim Ausscheiden eines Mitarbeiters großen Wert darauf, mit diesem weiterhin in Verbindung zu bleiben. Sie versuchen dies beispielsweise durch Austrittsinterviews oder Alumni-Netzwerke. Der untere Balken zeigt, dass dagegen nur 35 Prozent der Durchschnittsunternehmen auf das Employer Branding großen Wert legen. (Grafik: Kienbaum Communications)

Der Trend, qualifizierte ehemalige Mitarbeiter zurückzuholen, sei besonders in den »oberen Hierarchieebenen, wo das Angebot an Top-Kräften knapper wird« sehr stark. Bei Spitzenunternehmen wird das Thema häufig zur Chefsache: Bei 94 Prozent dieser Firmen spielt das damit zusammenhängende Employer Branding »eine große bis sehr große Rolle«.

Im Bereich der Durchschnittsunternehmen hat das Thema nur bei 66 Prozent diesen Stellenwert.

Leistungsträger kehren zurück
Imagepflege ist nicht alles. Zu den wichtigsten Zielen des Employer Branding zählen neben der Steigerung von Attraktivität und Bekanntheit des Arbeitgebers auch die Bindung von Leistungsträgern, die Nachwuchssicherung und die Verbesserung der Mitarbeitermotivation.

Und es gibt noch weitere handfeste Vorteile: Wer einen Ex-Mitarbeiter zurückholt, spart sich unter Umständen eine Stellenausschreibung und den Aufwand für die Einarbeitung des Mitarbeiters. Denn dieser findet sich in der Regel schnell wieder in den Betrieb ein.

Auch intern verbessert sich die Stimmung bei der Belegschaft, wenn diese das Gefühl hat, dass ihr Unternehmen den Kontakt zu den ehemaligen Kollegen hält und diesen eines Tages sogar wieder zurückholt.

Welches Unternehmen ist der »Greatest Place to work«? Mit Spannung erwartet werden alljährlich die Ranglisten des Instituts Great Place to work. Die Ergebnisse werden unter anderem durch Befragungen der Mitarbeiter erstellt. Am 19. Mai werden die Gewinner für 2010 vorgestellt. Aus Deutschland nominiert sind 3M Deutschland, Domino World und SMA Solar Technology.

Alumni-Netzwerk der Ehemaligen
Doch wie erreichen die Personaler, dass der Ex auf Facebook nicht nur gut über seine alte Firma spricht, sondern auch den Kontakt hält? Viele Firmen führen beim Austritt des Mitarbeiters schon entsprechende Interviews. Manche bauen speziell für die ehemaligen Mitarbeiter sogenannte Alumni-Netzwerke auf.

Die entlassenen Mitarbeiter haben in den allermeisten Fälle selbst ein Interesse daran, den Kontakt zur Firma zu halten. Das bestätigt eine Studie, die an den Universitäten Bamberg und Frankfurt am Main gemeinsam mit dem Karriereportal Monster durchgeführt wurde. Demnach wollen rund 90 Prozent von über 9000 befragten Stellensuchenden weiter mit dem ehemaligen Arbeitgeber und seinen Angestellten in Verbindung bleiben. Immerhin 44 Prozent der Jobsuchenden wollen am Alumni-Netzwerk teilnehmen.

Aus der Krise 2001 gelernt
Für die Studie hat Kienbaum die Human Resources-Entscheider von 140 Unternehmen befragt. Boomerang Hiring gewinnt demnach immer mehr an Bedeutung. Laut Studie nehmen in diesem Zusammenhang bei zwei Dritteln der befragten Unternehmen »der Prozess und die Kommunikation beim Ausscheiden von Mitarbeitern einen hohen bis sehr hohen Stellenwert ein«. Vor allem bei großen Unternehmen sei die Priorität fast doppelt so hoch wie für den Durchschnitt der Arbeitgeber. Offensichtlich haben gerade jene Unternehmen aus der Krise 2001 gelernt.

Die Motive für das Employer Branding: Am wichtigsten (in der Balkengrafik von oben nach unten) sind Arbeitgeberattraktivität, Nachwuchssicherung, Arbeitgeberbekanntheit, Bindung von Leistungsträgern und Erhöhung der Mitarbeiteridentifikation/-motivation. (Grafik: Kienbaum Communications)

Der neue Fokus auf gute Beziehung zu Mitarbeitern hat natürlich auch etwas mit den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter zu tun. In der Web 2.0-Ära sei Employer Branding ein Erfolg versprechender Weg, meint Kienbaum-Berater Florian Dylla.

Gemeinsame Werte und maximale Identifikation
Die Sicht auf die Arbeitnehmer als »Markenbotschafter« gilt bei den Top-Unternehmen dabei vom ersten Tag des Arbeitsverhältnisses an. Neun von zehn dieser Unternehmen haben großes Interesse daran, »von Beginn an ein klares gemeinsames Werteverständnis sowie ein Maximum an Identifikation und Engagement« mit den Kollegen herzustellen.

Hilft beim Krieg um die Talente: Das Düsseldorfer Unternehmen Harvey Nash versteht sich als Professional Service Provider für Technical Recruitment, Outsourcing Services und Strategic Leadership. Das Unternehmen sieht seine Stärken besonders in den Bereichen Informationstechnologie, SAP Systems Management & System Services, Engineering und Telco.

Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich der Trend auch bei der Masse der Unternehmen durchsetzen wird. Schließlich haben gerade die Top-Unternehmen auch auf dem Personalmarkt eine Trendsetter-Rolle.

Einen wichtigen Beitrag zum Umdenken in Personalabteilungen könnten Umfragen wie die des »Great Place to Work«-Instituts oder von Universum Communications leisten. Diese präsentieren regelmäßig Listen mit den besten oder beliebtesten Arbeitgebern. Und das müssen nicht immer die Spitzenunternehmen sein.

Spielraum für Optimierung
Doch auch bei großen Arbeitgebern gibt es noch Spielraum für Optimierung. Laut Kienbaum haben viele noc
h Nachholbedarf; rund 90 Prozent nutzen die Möglichkeiten des Employer Brandings noch nicht voll aus, heißt es in der Kienbaum-Studie. So würden »Aspekte der Führung und Integration von Mitarbeitern« in vielen Fällen noch vernachlässigt.

Die komplette Studie können Interessenten auch für 150 Euro (zuzüglich Mehrwertsteuer) im Onlineshop des Beratungsunternehmens erwerben.
(mt)

Weblinks
Kienbaum
Harvey Nash
Kienbaum-Studie (PDF)
Studie Bewerbungspraxis 2010
Great Place to work Institute
Universum Communications

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