zEnterprise: IBM präsentiert neuen Mainframe
Drei Jahre Forschungsaufwand, über 1,5 Milliarden Dollar Entwicklungsaufwand, »leistungsfähigster und energieeffizientester Großrechner aller Zeiten« – IBM spart nicht mit Superlativen bei der Vorstellung seines neuen zEnterprise-Großrechner und der gleichfalls neuen Systemarchitektur.
Laut IBM gehört »das Nebeneinander unterschiedlicher Technologien« für verschiedene Anwendungen zu den »drängendsten Problemen in Rechenzentren«. Denn dadurch entstehen die bei IT-Managern gefürchteten Informations-Silos. Die Daten lassen sich dann nicht mehr ohne weiteres zwischen den Abteilungen und Anwendungen austauschen. Nach eigener Aussage hat IBM die neue Systemarchitektur entwickelt, um genau dieses Problem anzugehen.

Blick in das Innenleben des IBM-Enterprise-Servers Z196. Ganz unten rechts sind die Module für die Wasserkühlung untergebracht. (Bild: IBM)
Deshalb war die Steigerung der Rechenleistung nicht das einzige Ziel der Entwickler bei der neuen Mainframe-Plattform. Vielmehr sollte es darum gehen, unterschiedliche Workloads gemeinsam zu verwalten, die bisher auf System z, auf Power 7- und x86-Systemen verteilt sind. Zuständig hierfür ist in erster Linie der neue zEnterprise Unified Ressource Manager.
Mehr als 100 000 virtualisierte Server
Der Unified Ressource Manager ist keine herkömmliche Software, die auf der Festplatte installiert wird, sondern eine Firmware, die die Integration der Hardware organisiert . Die Software macht es möglich, die genannten Workloads in ein einziges System zu integrieren und quer über die verschiedenen Systeme zu nutzen. Laut Hersteller sind so theoretisch mehr als 100 000 virtualisierte Server in einem gemeinsamen System verwaltbar.
Damit sollen letztendlich auch die Kosten sinken. Angeblich sinkt mit zEnterprise die TCA (Total Cost of Acquisition) um bis zu 40 und die TCO (Total Cost of Ownership) sogar um bis zu 60 Prozent.
Anwendungen in den Enterprise-Server integrieren
Der zEnterprise Bladecenter Extension kommt die Rolle zu, Anwendungen, die auf Power 7- und x Bladecenter-Systemen laufen sowie solchen, die für Workloads optimiert sind, wie zum Beispiel Analytics oder Verwaltung von Web-Infrastrukturen, in den Mainframe-Server zu integrieren und über den Großrechner zu managen.
Finanzinstitute als IBM-Kunden
Bei der Entwicklung der Technologie hat IBM nach eigenen Aussagen mit einer Reihe von großen Kunden, beispielsweise der Citibank, zusammengearbeitet. Deshalb kommen viele der Neuerungen auch dem Anwendungsszenario in Finanzinstituten zu Gute. Finanzanwendungen sind von jeher eine Domäne der IBM-Großrechner. So kann beispielsweise eine Bank »Kreditkartentransaktionen auf dem Mainframe ausführen lassen und für Analytikaufgaben innerhalb des gleichen Systems einsetzen«. Komplexe Datenbankabfragen sollen deutlich schneller erledigt sein, maximal um Faktor zehn.
96 Prozessoren arbeiten im Verbund
Das Herzstück des zEnterprise-System heißt »zEnterprise 196«. Gemeint ist damit ein Verbund von 96 Prozessoren. Der in 45-Nanometer-Technik gefertigte Chip vereint auf einer Grundfläche, die in etwa der einer Zwei-Euro-Münze entspricht, sage und schreibe 1,4 Milliarden Transistoren und ist laut IBM der schnellste Prozessor der Welt. Bei einer Taktrate von 5,3 GHz kann das System mehr als 50 Milliarden Anweisungen pro Sekunde ausführen.
Zusätzlich soll die Hardware durch spezielle Software-Tools auf Trab gebracht werden. Die Software optimiert die Leistung bei hohem Datenaufkommen und erzielt laut IBM eine Verbesserung um bis zu 60 Prozent. Ein Programm namens Smart Analytics Optimizer beispielsweise beschleunigt die Analyse von Daten. Der Analyse-Beschleuniger wird als Bladecenter-Erweiterung im Mainframe eingebaut.

Nicht nur diese zwei Herren haben an IBMs neuer Mainframe-Plattform zEnterprise mitgearbeitet. Allein in Deutschland waren 500 Hard- und Software-Experten beteiligt. Insgesamt stecken 1,5 Milliarden US-Dollar und drei Jahre Entwicklungszeit in dem Großrechner. (Bild: IBM)
Der Energieverbrauch des Mainframe-Rechners bleibt trotz Mehrleistung gegenüber dem Vorgänger z10 gleich. Bei Bedarf lässt sich der Großrechner auch mit einer Wasserkühlung betreiben. Das soll die Energieaufnahme noch mal um bis zu 12 Prozent senken.
Entwicklung des zEnterprise-Systems in Deutschland
Ein großer Teil der Entwicklung des zEnterprise-Systems fand in IBMs Entwicklungslabor in Böblingen statt. Laut IBM hat ein Team von über 500 Hard- und Softwarespezialisten die wichtigsten Komponenten des Gesamtsystems mitentwickelt. Dazu gehören der Prozessor und diverse weitere Module wie etwa die Leiterkarten.
Preise für den zEnterprise-Mainframe und die damit verbundenen Software und Services nennt das Unternehmen noch nicht. Doch bei über 1,5 Milliarden Entwicklungskosten ist davon auszugehen, dass die Kunden angemessen daran beteiligt werden.
EU-Untersuchung gegen IBM
Weniger angenehm für das IBM-Management ist folgende Nachricht. Fast zeitgleich zur Produktvorstellung in Deutschland wurde bekannt, dass die Wettbewerbskommission der EU eine Untersuchung gegen den IT Giganten eingeleitet hat. Laut EU-Mitteilung besteht der Verdacht, dass IBM in zwei Fällen seine “marktbeherrschende Stellung missbraucht und gegen EU-Kartellvorschriften verstoßen” hat.
Die Untersuchung wurde von der Beschwerde der Software-Hersteller T3 und Turbo Hercules ausgelöst. So können Anwendungen, die grundsätzlich nur auf IBM-Mainframes laufen, mit Hilfe der Open-Source-Software Hercules auch auf Systemen anderer Hersteller installiert werden. Die EU vermutet nun, dass IBM möglicherweise versucht, dies zu verhindern, indem es das Betriebssystem an den Großrechner koppelt.
Diskriminierung beim Service
Daneben gibt es auch noch eine zweite Untersuchung der EU. Die Wettbewerbshüter gehen der Frage nach, ob IBM konkurrierende Anbieter beim Service »diskriminierend behandelt«. Angeblich schränkt das Unternehmen deren Zugang zu Ersatzteile ein oder beliefert diese nur mit Verzögerung.
Die Tatsache, dass die EU eine Untersuchung gegen den IT-Riesen eingeleitet hat, bedeutet allerdings noch nicht, dass IBM bereits des Machtmissbrauchs überführt wäre. Es ist also durchaus möglich, dass der Verdacht sich nicht bestätigt und die Untersuchung wieder eingestellt wird.
(mt)
Weblinks
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