2010: Ein gutes Jahr für Green IT

Die IT-Branche wurde in diesem Jahr von drei Schlagwörtern maßgeblich bestimmt. Cloud Computing, soziale Netzwerke und Green IT. Will man hinter diesen Schlagwörtern Trends – also reale Veränderungen – sehen und hinter den Trends so etwas wie einen Megatrend ausmachen, dann könnte man sagen, dass Unternehmen sich immer stärker in die Gesellschaft integrieren und sich für diese öffnen.
Es ist kein Zufall, dass die Modebegriffe »Corporate Identity« oder »Corporate Culture« seit einiger Zeit nicht mehr so häufig zu hören sind. Dafür hört man heute ständig Begriffe wie »Transparenz« oder »gesellschaftliche Verantwortung«.
Früher waren Unternehmen monolithische Institutionen. Hinter den Mauern des Firmengebäudes gab es einen ganz eigenen Kosmos mit ganz eigenen Gesetzen und Strukturen, in denen die Mitarbeiter sich bewegten. Siemens war anders als Bosch, Bosch anders als Intel und Intel wieder anders als Microsoft oder Cisco. Das hat sich grundlegend gewandelt. Heute sind Unternehmen durchlässiger für gesellschaftliche Trends.
Auch wenn vieles von der Selbstdarstellung der Unternehmen auf ihren Websites Marketing-Geblubber sein mag, so zeigt sich hier doch eine echte Veränderung. Unternehmen sind durchlässiger nach außen, sie zeigen mehr von ihren inneren Strukturen. Andererseits lassen sie sich stärker von der Gesellschaft beeinflussen und nehmen deren Trends auf. Nicht umsonst ist »Transparenz« zum Modewort geworden.

Gemeinsame Technik durch Cloud Computing
An den drei genannten Trends – Cloud Computing, soziale Netzwerke, Green IT – lässt sich dies ablesen. Im Cloud Computing wird ein Teil der Technik nach außen vergeben. Natürlich hat jedes Unternehmen noch seine eigenen Daten, die getrennt von denen der anderen lagern. Aber beim Cloud Computing ist immer ein Stück Standardisierung von Software und Datenformaten erforderlich. Man könnte also sagen, dass Software und Datenformate bis zu einem gewissen Grade in ein größeres Netz eingegliedert werden.
Persönliche Beziehungen durch soziale Netzwerke
Am offensichtlichsten ist die Entwicklung natürlich bei den sozialen Netzwerken. Fast jede Firma und jede Organisation ist heute in Facebook oder Twitter präsent. So können sie sich direkter an einzelne Zielgruppen wenden. Wenn Produktmanager in Facebook, Twitter oder im Weblog mit persönlichen Bemerkungen, Videos und Fotos auftauchen, dann wird auch das Unternehmen für die Verbraucher ein Stück persönlicher und menschlicher. Der Kunde bekommt das Gefühl, er bekäme einen kleinen Einblick in das Unternehmen.
Natürlich könnte man das einfach unter der Rubrik kalkulierte Marketingstrategie abheften, aber die Social-Media-Präsenz steht auch für eine reale Veränderung. Denn schließlich muss das Unternehmen auf die Bedürfnisse der Kunden differenzierter und spontaner reagieren als früher.
Verantwortlicher durch Green IT
Auch das Thema Green IT steht in diesem Zusammenhang. Wenn ein Unternehmen sich stärker für die Gesellschaft öffnet, muss es auch deren Werte und Leitbilder übernehmen. Ein Beispiel ist die häufig zitierte »Diversity« in der Personalpolitik. Daneben ist der Schutz der Umwelt eines der großen Themen der Zeit. Deshalb ist es nur logisch, dass auch Firmen diese Entwicklung aufnehmen.
Das Jahr 2010 hat deshalb bei Green IT einen erfreulichen Fortschritt gebracht. Kaum ein Unternehmen, das nicht auf die eine oder andere Weise versuchen würde, seine Green IT-Aktionen werbewirksam außen darzustellen. Da wird bereits der neue Fahrrad-Abstellplatz vor der Haustüre zu Pressemitteilung.
In erster Linie geht es aber natürlich darum, energieeffiziente und schadstoffarme Produkte anzubieten. Daneben geht es auch darum, die Fertigung und den Geschäftsbetrieb des Unternehmens klimafreundlich zu gestalten.
Green IT erhöht den Umsatz
Green IT hat für Unternehmen und Verbraucher einige entscheidende Vorteile: Erstens ist es ein erstklassiges Verkaufsargument. Von der Politik enttäuschte Verbraucher erwarten jetzt von der Industrie, dass sie sich konkret für den Klimaschutz engagiert, wie eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes gezeigt hat. Firmen bleibt also gar nichts anderes übrig als auf die Ökologie zu achten. Erst dann können sie ihr »grünes« Image glaubwürdig und verkaufsfördernd pflegen.
Man darf außerdem nicht vergessen, dass ein Unternehmen, das auf »grüne Werte« setzt, auch in der internen Kommunikation gegenüber den Mitarbeitern besser dasteht. Jeder erzählt schließlich im Freundeskreis lieber, dass er in einer coolen, ökologisch korrekten Firma arbeitet, als in einer, bei der Klimaschutz noch gar nicht angekommen ist. Das verstärkt die Identifikation mit dem Arbeitgeber und damit letztlich auch die Arbeitsleistung der Mitarbeiter.
Green IT spart Geld
Der zweite große Vorteil: Energieeffiziente IT-Produkte sparen Strom und damit Geld.
Der dritte Vorteil ist ganz banal: Ökologisch korrekte Produkte schonen die Umwelt. Sie ersparen so übrigens der Gesellschaft auf lange Sicht gesehen die Kosten, die andernfalls irgendwann für die Behebung der Umweltschäden anfallen würden.
Migration auf neue Hardware
Auch die Rahmenbedingungen waren für Green IT 2010 besonders günstig: So hat die Migration auf Windows 7 begonnen. Damit einher geht die Erneuerung der Hardware. Nach mehreren Jahren der Wirtschafts-und Finanzkrise haben viele Organisationen und Firmen in diesem Jahr verstärkt begonnen, neue PCs, Notebooks und Server anzuschaffen. Dabei haben sie auch gleich die neue Generation energieeffizienter Hardware ins Haus geholt.
Ein weiterer Vorteil gerade bei Computerprodukten besteht darin, dass der Produktlebenszyklus eines PCs deutlich kürzer ist als beispielsweise der einer Rohrbiegemaschine. Deshalb können neue technische Entwicklungen auch schneller auf den Markt kommen.
Dies alles zusammengenommen erklärt, warum in diesem Jahr so viele Unternehmen auf das Thema Green IT aufgesprungen sind. Man sehe sich die Homepages der IT-Hersteller an. Es gibt kaum ein Unternehmen, das nicht eigene Webseiten zum Mega-Thema Ökologie und damit verbunden den Aspekten gesellschaftliche Verantwortung oder Unternehmensethik gebaut hätte.

Die Öko-Macht der Verbraucher
Diese Entwicklung zeigt im übrigen auch, wo die wirkliche Macht liegt. Sie liegt im Zusammenspiel zwischen Herstellern und Verbrauchern und nicht in der Politik. Die so genannten Klimagipfel in Kopenhagen und im mexikanischen Cancún haben gezeigt, wie ohnmächtig die Politik ist. Spitzenpolitiker haben heute nicht mehr den Mut, echte Vereinbarungen zu treffen, weil sie Angst haben, bei der nächsten Wahl dafür abgestraft zu werden. Die Bilanz der Umweltpolitik der Industrieländer in den letzten zwanzig Jahren ist unter dem Strich gesehen, eine riesige Enttäuschung. Tröstlich dabei ist nur der Gedanke, dass alle möglichen Vorgaben und Vereinbarungen ohnehin von der Industrie umgesetzt werden müssen.
Dabei – und das ist der Politik möglicherweise entgangen – ist beispielsweise die IT-Branche schon längst weiter. Manchmal hat man fast den Eindruck, es seien die IT-Hersteller, die die Umweltpolitik nach vorne treiben. Wie zum Beispiel gerade jetzt, als einige Hersteller, darunter Sony Europe, Google und Cisco die EU aufgefordert haben, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 um 30 Prozent zu senken. Das ist schon eine bemerkenswerte Entwicklung.
Sicherlich gibt es auch für die IT-Hersteller in Sachen Umweltschutz noch sehr viel zu tun. Und sicher steckt in all der Green IT-Euphorie ein gehöriger Teil Marketing. Aber bei aller berechtigter Kritik, die von Umweltschützern wie Greenpeace oder WWF geäußert wird, darf man auch die positiven Aspekte sehen.
Deshalb gilt das Fazit: Für Green IT war 2010 ein gutes Jahr.