Die Welt muss endlich das wahre Potenzial von SAAS erkennen

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Software-as-a-Service (SAAS) als eine Form des Cloud-Computing wird möglicherweise eines Tages die IT-Welt dominieren, aber wenn man die IT-Abteilungen derzeit betrachtet, wird deutlich, dass dieser Tag noch lange auf sich warten lassen wird.

Trotz aller Effizienz, Kosteneinsparungen und zentralen Verwaltungsmöglichkeiten bei SAAS sind die Entscheidungsträger in Sachen IT noch nicht davon überzeugt, dass dieses Konzept wirklich einen Vertrauensvorschuss verdient.

„Obwohl SAAS mittlerweile einen technischen Reifegrad erreicht hat, der es für Firmen interessant machen dürfte, besteht kein Zweifel, dass diese Technik von den Unternehmen nicht in dem Maße angenommen wird, wie manche Leute es sich das vorgestellt hatten”, äußerte sich der Analyst und Spezialist für Rechenzentren,Greg Schulz (links) von der Beraterfirma StorageIO und Autor des Buches „The Green and Virtual Data Center”, gegenüber der Redaktion.

„Firmen setzen diejenige Technik ein, die funktioniert. Wenn ein Client/Server-System, dass vor sieben Jahren installiert wurde, immer noch funktioniert und betriebsgerecht ist, dann werden sie dabei bleiben, gleichzeitig das System aber scharf im Auge behalten. Wenn das Budget da ist, eine technische Erneuerung nötig und die entsprechende Technologie vorhanden ist, dann werden Unternehmen unter Umständen über eine Neuanschaffung nachdenken. Aber die Bedingungen müssen stimmen”, sagte Schulz.

Datensicherheit

IT-Verantwortliche hatten seit jeher Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit, dem uneingeschränkten Datenzugang bei einer externen Datenwolke sowie hinsichtlich der Tatsache, ob ein Dienstleister in ein paar Jahren überhaupt noch im Geschäft sein würde. Alles, was sich außerhalb der Firewall befindet, entzieht sich der vollständigen Kontrolle. Und IT-Verantwortliche haben gerne die 100-prozentige Kontrolle.

Aber langfristig wird sich diese zögerliche, skeptische Haltung als positiv erweisen. Software-Entwickler und SAAS-Dienstleister gewinnen dadurch mehr Zeit für Innovationen, zur Behebung von Fehlern und ganz generell zur Verbesserung der Produkte.

2009 beispielsweise hatten Firmen, die den Einsatz von Amazons Cloud-Umgebung EC2 (Elastic Compute Cloud) in Betracht zogen, Bedenken hinsichtlich der fehlenden PCI-Compliance des Dienstes. Amazon brachte 2010 eine neue, PCI-zertifizierte Version von EC2 heraus, und verwandelte ein Compliance-Risiko in eine potenzielle Lösung für Compliance-Probleme.

In ähnlicher Weise wagen sich neue, SAAS-basierte Produkte auf bislang unerforschtes Terrain vor, dazu zählen beispielsweise die auf Cloud-Computing beruhende Auswertung von großen Datenbeständen, gerichtlich angeordnete Ausforschungsverfahren zur Aufdeckung von Beweismitteln (eDiscovery) sowie einer der IT-Bereiche, der am meisten mit Rechenlösungen vor Ort in Verbindung gebracht wird, nämlich das Hosting von Einzelplatz-Desktopsystemen.

Ist SAAS VDI (Virtual Desktop Infrastructure) die Brückentechnik, mit deren Hilfe virtuelle Desktops endlich vom Wunschzettel von Managern gestrichen und Realität werden? Im Business-Umfeld mag das Client/Server-System mit Win 7 seinen Endpunkt erreicht haben und mit VDI steht schon seit zirka 12 Jahren eine verlockende Alternative bereit. VDI wird nun auf breiter Ebene von Firmen wie dem Lawrence Livermore Laboratory sowie GE und Wells Fargo eingeführt, was ein Indiz dafür ist, dass Großkonzerne nun auf den Zug aufspringen. Was wird die Zukunft bringen?

VDI als Service

Wie viele IT-Abteilungsleiter würden es begrüßen, wenn sie Windows-basierte Client/Server-Desktops an einen Hosted Service auslagern könnten, auf den Verlass ist? Viele Verantwortliche würden dies als paradiesischen Zustand empfinden.

Als IBM im Januar 2011 sein eigenes VDI-Paket vorstellte, horchte die Branche auf. Da in dieser Lösung auch Mainframes berücksichtigt werden mussten, dauerte es zirka zwei Jahre, sämtliche Hürden in Sachen Qualitätskontrolle zu nehmen sowie Best-Practice-Methoden zu entwickeln. Schließlich hat Big Blue am 24. Januar seine VDI-Lösung namens Virtual Desktop for Smart Business vorgestellt.

Das über Partner vertriebene IBM Desktop-Paket für Unternehmen ermöglicht jederzeit und überall sicheren Zugang zu den persönlichen Daten auf vielen Endgeräten, darunter PC oder Mac, Windows oder Linux (SUSE, Ubuntu oder Red Hat). Antony Satyadas, bei IBM zuständig für strategische Lösungen, teilte der Redaktion mit, dass das VDI-Packet hauptsächlich für den Einsatz auf IBMs System x Mainframe-Rechnern ausgelegt sei, laufe aber ebenso stabil auf Servern auf x86-Basis.

IBM integriert in seine Lösung eine Vielzahl von Anwendungen, darunter Systemüberwachung, Helpdesk, Kollaboration, Datenauswertung sowie maßgeschneiderte Applikationen für Softwarehersteller (ISV). IBM arbeitet dabei mit Partnern wie der in Kalifornien ansässigen Firma CMI zusammen, um entsprechende Hosting-Fähigkeiten zur Verfügung stellen zu können, während ein anderer Partner, nämlich das in Texas angesiedelte Unternehmen Virtual Bridges, mit seinem Verde VDI-Steuerungssystem das von IBM benötigte Management-Interface beisteuert.

Die Management-Lösung von Virtual Bridges, die darüber hinaus auch Reporting-Funktionen zur Verfügung stellt, kann von einer einzigen Konsole aus bedient werden; IBM schätzt, dass über einen einzigen IBM-Server 200 Desktops verwaltet werden können. Virtual Desktop for Smart Business kann entweder in die kundeneigene Infrastruktur implementiert werden oder über die Cloud eines IBM-Partnerunternehmens bezogen werden.

IBMs Virtual Desktop (siehe Bild oben) ermöglicht das zentrale Hosten und Verwalten von Windows- oder Linux-Desktops und ist kompatibel zu einer Reihe von Endgeräten, darunter Tablet-PCs, Netbooks, Laptops, Thin Clients und Server. Achtung: Noch ist die VDI-Lösung noch nicht für die Darstellung auf Smartphones ausgelegt.

„Viele Unternehmen haben Interesse an dieser Lösung, unter anderem aus der Gesundheitsbranche. Eine Menge Ärzte und in Heilberufen Tätige wollen nämlich bei der Visite ihre iPads benutzen”, teilte Steve Giondomenica, Geschäftsführer bei CMI, der Redaktion mit. „Sie wollen nicht an ihren Schreibtisch gekettet sein, nur weil sie die Unterlagen eines Patienten einsehen wollen. Dieser neue, virtuelle Desktop arbeitet sehr gut mit iPads und anderen Tablet-PCs zusammen.”

Citrix und Kaviza arbeiten zusammen

Citrix ist frühzeitig in dieses Marktsegment eingestiegen und konnte darin lange eine Führungsrolle behaupten, außerdem hat die Firma einen treuen und immer weiter wachsenden Kundenstamm.   Seit 2010 hat der Unternehmenspartner Kaviza begonnen, für seine VDI-Lösung optional Hosted Services anzubieten. Nutzer von mobilen PCs – darunter Notebooks, Desktops, iPads, iPhones und Smartphones auf Android-Basis – können nun mithilfe von Kavizas Virtual Desktop Agent im Zusammenspiel mit der Citrix Receiver-Software auf virtualisierte Windows-Desktops zugreifen.

Die Software von Kaviza wird auf dem Server installiert, zusammen mit einem Hypervisor, entweder Citrix Xen oder VMware ESX 4.1, wodurch Unternehmen Windows auf einer Vielzahl von Desktops bereitstellen können, und zwar von einem oder mehreren firmeneigenen Servern aus. Die Citrix-Software ist bei der Einbeziehung von Partnern wie Rackspace, NaviSite, etc. auch mit gehosteten Versionen kompatibel.

Beim Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien ist derzeit ein richtungsweisendes Softwarepaket von Citrix/Kaviza auf 250 Arbeitsplätzen bzw. bei 1250 Benutzerkonten im Testeinsatz.

„Es handelt sich dabei um einen zweiten Desktop [in einem Fenster], den sich jeder Benutzer auf den Bildschirm holen kann; der Desktop-[Client] befindet sich außerhalb des Firmennetzwerkes“, teilte Robin Goldstone, Leiter der IT-Abteilung des Livermore National Lab, der Redaktion mit. „Jedes Mal, wenn sich ein Angestellter im System anmeldet, wird ihm oder ihr ein komplett neu erstellter, virtueller Desktop zugewiesen. Geschäftsdokumente werden nie auf dem Client abgespeichert; alle Daten verbleiben im Rechenzentrum.“

Mitte 2010 brachte Unisys ein eigenes Hosted-VDI-System für Firmen auf den Markt, dass sowohl im betriebsinternen Einsatz als auch bei einer Reihe von Geschäftskunden großen Anklang gefunden hat, wie Patricia Titus (links), Sicherheits-Verantwortliche und Mitglied der Geschäftsleitung bei Unisys, der Redaktion mitteilte.

„Wenn wir eine bestimmte Technik richtig gut finden, dann wollen wir sie auch bei uns selber austesten”, sagte Titus. „Wir haben eine Version des Hosted Desktop für Endkunden entwickelt, bei dem schlanke Apps zum Einsatz kommen, die sich gut für Endgeräte eignen [wie zum Beispiel iPads, iPhones und andere]. Tatsächlich haben wir im Unternehmen eine Initiative, bei der Mitarbeiter ihr eigenes Mobilgerät mit ins Büro bringen können, damit die Angestellten bei den Endgeräten die Wahl haben. Da wir natürlich vor denselben Herausforderungen stehen wie alle anderen, müssen wir mit weniger Ressourcen mehr erreichen. Dies ist ein neues Geschäftsfeld für uns. Die Aussichten sind äußerst ermutigend”, fügte sie hinzu.


Auswertung von Massendaten als Service

Auf dem Treffen des CTO-Forums im Februar dieses Jahres, das im kalifornischen Half Moon Bay stattfand, trafen sich zirka 60 leitende Angestellte aus verschiedensten Großkonzernen, darunter Unternehmen wie NASA, Visa International, Google, MGM Resorts, Kaiser Permanente, Facebook und SAP Labs, die allesamt unterschiedliche IT-Ziele verfolgen.

Aber sie waren sich bei einer Sache einig: Es gibt noch keine geeigneten Werkzeuge, um große Datensätze (in der Größenordnung von Petabyte und mehr) auszuwerten, und zwar nach dem heutigen Stand der Analysetechnik. Für die Zukunft sieht es noch düsterer aus, da sich Datenmengen immer weiter erhöhen werden.

Da die meisten Firmen, die große Datensätze erzeugen, bereits über Know-How in Sachen Cloud-Computing verfügen, ist SAAS ein heißes Thema in dieser Branche. Nun sind auch Cloud-Dienstleistungen verfügbar, mit denen Massendaten, zumindest in bestimmten Bereichen, verarbeitet werden können.

Zu den vielversprechendsten Akteuren auf diesem Gebiet gehört die von EMC übernommene Firma Greenplum, die auf der vor kurzem stattgefundenen Strata-Konferenz von O’Reilly eine kostenfreie Version ihrer Datenbank mit analytischen Fähigkeiten vorgestellt hat. Das Apache Hadoop-Projekt, das zum Ziel hat, quelloffene Software zur skalierbaren, verteilten Verarbeitung von Massendaten für Unternehmen zu entwickeln, erntet ebenfalls in diesem Bereich viel Zuspruch.

Der Aufsteiger im Bereich virtueller Datenbanken heißt Delphix. Das ist ein neues Startup von Jed Yueh, Avamar-Gründer und ehemals Führungskraft bei EMC, das einen einzigartigen Beitrag zur Lösung des Problems der Auswertung von Massendaten geleistet hat. Dieser Beitrag besteht darin, Produktionsdatenbanken an eine beliebige Zahl von Datenbank-Kopien anbinden zu können, auf denen dann alle benötigten Tätigkeiten durchgeführt werden können (zum Beispiel das Einspielen von Patches, Neustrukturierung, eDiscovery und Datenauswertung), wobei die Datenbanken synchron bleiben. Damit hat Delphix die Auswertung von Massendaten im Rahmen des SAAS-Modells praktisch demonstriert. Es überrascht nicht, dass Delphix zum gefragten Partner geworden ist; niemand sonst, nicht einmal Oracle, hat diese Schwierigkeit bisher gemeistert.

eDiscovery als Service

Der Bereich der Aufdeckung von Beweismitteln bei Rechtsstreits, der lange als das unantastbare Hoheitsgebiet von Anwaltsfirmen oder Rechtsabteilungen galt, die manuell die Festplatte nach Beweisen durchsuchten und dabei hohe Stundenlöhne einforderten, wird nun ebenfalls von der SAAS-Welle eingeholt.

Wenn eine Firma Dokumente, die bei einem Rechtsstreit eine Rolle spielen könnten, in einer Datenwolke oder auf andere Weise speichert, können diese nun schneller identifiziert und dem Gericht vorgelegt werden. Die Firma Clearwell Systems, die sich schon seit langer Zeit auf das Aufdecken von Datenmaterial bei Rechtsstreitigkeiten und Betriebsprüfungen spezialisiert hat, bietet Anwendern nun die Möglichkeit, Daten in E-Mails und SharePoint-Dokumenten der Microsoft Business Productivity Online Suite aufzufinden.

Mithilfe von Clearwells neuer Software können Anwender Daten in Exchange Online und SharePoint Online im Rahmen einer eDiscovery auffinden und sammeln. Diese können dann bei Rechtsstreitigkeiten, behördlichen Auskunftsersuchen sowie betriebsinternen Untersuchungen verfügbar gemacht werden.

Sobald die benötigten Daten, die in der Datenwolke gespeichert sind, zusammengetragen wurden, können sie unmittelbar für die verschiedenen Phasen des eDiscovery-Prozesses zur Verfügung gestellt werden, dazu zählen beispielsweise Verarbeitung, Auswertung, Bewertung und Produktion.