Sollen Werbekunden für Datenschutzverstöße von Website-Betreibern haften?

Bislang tut sich Deutschland schwer, seine hohen Datenschutzstandards im Internet durchzusetzen, sitzen doch viele Firmen im Ausland oder haben dort ihre Server stehen und entziehen sich so dem deutschen Recht. Im Verbraucherschutzministerium denkt man über Möglichkeiten nach, das zu ändern, etwa eine Regelung, dass »jeder, der im Internet Angebote in den deutschen Wirtschaftsraum macht, sich an deutsche Regelungen halten muss«, wie Christian Grugel, Leiter der Abteilung Verbraucherpolitik im Ministerium, gegenüber Spiegel Online erklärte. Es gehe darum, dass Unternehmen gegen Konkurrenten vorgehen können, die sich durch Datenschutzverstöße einen Wettbewerbsvorteil verschaffen – selbst wenn sie diese nicht selbst begehen, sondern die Anbieter, auf deren Websites sie werben.
Die deutsche Politik würde so Werbekunden in die Pflicht nehmen, um für mehr Datenschutz bei Facebook, Google & Co. zu sorgen. Denn wollten sie bei den US-Unternehmen Anzeigen schalten, ohne Abmahnungen zu riskieren, müssten sich diese zunächst an deutsches Datenschutzrecht halten. Das zu kontrollieren dürfte den Werbenden freilich schwer fallen – das Schalten von Anzeigen auf Webseiten wäre mit einem hohen Risiko verbunden. Dazu kommt, dass zum Teil auch umstritten ist, welche Vorgehensweisen ausländischer Anbieter gegen das deutsche Datenschutzrecht verstoßen und welche nicht. Spiegel Online führt als Beispiels Facebook an, bei dem selbst Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar meint, er könne derzeit keine explizit rechtswidrigen Handlungen erkennen – gleichwohl noch geprüft werde, ob die kürzlich eingeführte Gesichtserkennung oder der Like-Button rechtswidrig sind.
Bei der deutschen Internet-Branche macht sich das Verbraucherschutzministerium mit diesen Überlegungen keine Freunde. Deutsche Anzeigenkunden für Datenschutzverstöße anderer in Haftung zu nehmen, verlagere die Verantwortung für den Datenschutz auf die Werbungtreibenden, »die sie mangels Wissen und Kontrollmöglichkeiten nicht wahrnehmen« können, meint etwa Matthias Ehrlich, Vizepräsident des Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). Der Vorschlag besitze das Potenzial, »den gesamten legalen Online-Werbemarkt nachhaltig zu schädigen«.
Ehrlich plädiert dafür, Politik und Industrie sollten gemeinsam auf eine einheitliche Beachtung angemessener Datenschutzstandards weltweit hinwirken.