Googles Patentdilemma: 10 Gründe, sich Sorgen zu machen

Im Mobilbereich wurde den Erfolgen von Android und iOS viel Aufmerksamkeit zuteil. Dafür gibt es gute Gründe: Beide Plattformen laufen auf hervorragender Hardware und die große Mehrheit der Anwender weltweit zieht eines der Betriebssysteme allem vor, was es sonst noch auf dem Markt gibt. Dennoch gibt es neben allem Erfolg, den diese Plattformen haben, zahlreiche Rechtsstreitigkeiten zwischen großen und kleinen Unternehmen, die sich alle ein größeres Stück des Kuchens erhoffen, der in den nächsten Jahren noch viele Milliarden US-Dollar abwerfen wird.
Bei vielen dieser Rechtsstreitigkeiten, bei denen Oracle, Microsoft, Barnes & Noble und Apple beteiligt sind, ist Android das Ziel. Nach Angaben der Kläger verletzt Googles Android-Betriebssystem ihre Patente und die Unternehmen wollen nun entweder eine Lizenzgebühr einstreichen oder erreichen, dass die Produkte insgesamt nicht mehr verkauft werden dürfen. Google hat sich seinerseits beschwert, dass diese Rechtsstreitigkeiten Innovationen behindern und Kunden schaden werden.
Dennoch hat das Unternehmen überall Patentrechte erworben. Im Sommer gab Google mehr als 12 Milliarden US-Dollar aus, um sich das Patentportfolio von Motorola Mobility einzuverleiben. Darüber hinaus erwarb Google im Juli über 1.000 Patente von IBM. Am 15. September bestätigte Google den Kauf weiterer IBM-Patente. Dieses Handeln zeigt, dass Google sich sehr um Patentrechte sorgt. Und das aus gutem Grund. Hier einige Argumente, warum das so ist.
1. Das Patentportfolio greift zu kurz
Das größte Problem für Google ist sein im Vergleich zur Konkurrenz recht schwaches Patentportfolio. Deshalb äußert sich Google auch so offen über den Rechtsstreit und weshalb man so viele Patente von IBM übernommen hat. Hätte Google ein besseres Portfolio, würde das Unternehmen sich anders verhalten.
2. Überall Rechtsstreitigkeiten
Das Letzte was Google will, sind weitere Rechtsstreitigkeiten. Derzeit ist das Unternehmen in eine juristische Auseinandersetzung mit Oracle verwickelt. Und Android wird von Microsoft, Apple und anderen Unternehmen angegriffen. Überall gibt es Rechtsstreitigkeiten und Google mit seinem zweitklassigen Patentportfolio ist nicht gerade froh darüber.
3. Android unter Beschuss
Das seltsame an Googles Schwierigkeiten: Außer im Streit mit Oracle ist Google selbst nicht das Ziel der Angriffe. Die meisten Streitigkeiten gibt es mit anderen Hersteller von Android-Geräten. Wenn Apple jedoch in Europa immer mehr Gerichtsentscheidungen zu seinen Gunsten gewinnt, könnte es diese Siege als Präzedenzfälle gegen Google einsetzen. Mit anderen Worten: Androids Verteidigung steht bislang gut da, aber in den kommenden Monaten und Jahren könnte sich das ändern. Und das macht Google nervös.
4. Eine Frage des Überlebens
Man kann durchaus der Meinung sein, dass Patentstreitigkeiten für niemanden gut sind – weder für Unternehmen noch für die Kunden – aber man muss der Realität ins Auge sehen. Sie existieren. Und je nachdem, wie ein Gericht entscheidet, kann das einen starken Einfluss auf den Mobilbereich haben. Wenn Google und die Android-Anbieter verlieren, ist nicht abzusehen, wie die Zukunft des Betriebssystems aussieht. Da stellt sich durchaus die Frage des Überlebens für Google.
5. Apple hat ein starkes Portfolio
Apple hat derzeit vermutlich das stärkste Portfolio in Mobile-Bereich. Innerhalb der letzten Jahre beantragte das Unternehmen aus Cupertino mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit neue Patente. Und was noch viel wichtiger ist: Sie wurden ihnen auch mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit erteilt. Kombiniert man das mit der Tatsache, dass Apple sich mit Google ein Kopf an Kopf-Rennen im Mobilbereich liefert, ist schnell klar, weshalb sich Google sorgt.
(Quelle kleines Bild oben: ferkelraggae – Fotolia.com)
6. Vielleicht kommt Microsoft auch ins Spiel
Microsoft ist Googles Erzfeind im Mobilbereich. Beide Unternehmen versuchen, Hersteller von ihren Betriebssystemen zu überzeugen. Derzeit geht Microsoft einige Android-Anbieter an und verlangt von ihnen Gebühren für jedes verkaufte Gerät. Ist Microsoft mit dieser Strategie erfolgreich und gewinnt die Rechtsstreitigkeiten, die das Unternehmen begonnen hat, dann könnte das Microsofts Chance sein, ein Stück des Mobile-Marktes abzugreifen.
7. Lieferantenbeziehungen
Das Problem der Rechtsstreitigkeiten ist, das Googles Android-Hersteller den Großteil davon aushalten müssen. Bislang haben sich diese Unternehmen gut verteidigt. Aber wie lange noch? Androids Erfolg hängt direkt von der Zahl der Anbieter ab, die das mobile Betriebssystem auf ihren Endgeräten einsetzen. Wenn diese Hersteller sich entscheiden, sich woanders umzusehen, weil sie weitere Rechtsstreitigkeiten fürchten, könnte Google in heftige Schwierigkeiten geraten.
8. Innovationsbehinderung
Google hat mit der Behauptung Recht, dass die Patentstreitigkeiten Innovationen im Mobilbereich behindern. Große und kleine Unternehmen halten zahlreiche Patenten, die – so die gängige Meinung – teilweise lächerlich breit angelegt sind. Und viele Hersteller werden von den Haltern dieser Patente angegangen. Bis zu einem gewissen Grad machen Patentstreitigkeiten Sinn, aber in diesen Fällen könnten sie wirklich Innovationen behindern.
9. Die Zukunft ist offen
Niemand kann sagen, wie sich der Mobilmarkt entwickeln wird. Werden die Rechtsstreitigkeiten anhalten? Wird Google das Patentportfolio von Motorola Mobility überhaupt nutzen können, um sie zu beenden? Wird Google selbst auf anderen Firmen losgehen? Das weiß niemand. Und das macht Google nervös. Im kommenden Jahr werden die größten Streitigkeiten entschieden sein, und das könnte den Mobilmarkt vollkommen verändern.
10. Nichts wird die Rechtsstreitigkeiten beenden
Unglücklicherweise hat Google keine Möglichkeiten, die aktuellen juristischen Auseinandersetzungen zu beenden. Wie gesagt ist das Patentportfolio zu schwach und bis Motorola Mobilitys 17.000 Patente übernommen sind, muss Google aushalten. Es ist leicht, Klagen einzureichen und Googles Konkurrenten haben genügend Mittel, die Streitigkeiten zu befeuern. Und das ist ein echtes Problem.