WebOS wird Open Source, und nun?

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Man hat den Eindruck, dass die Open-Source-Gemeinde erfreut darüber zu sein scheint, dass Hewlett-Packard zumindest ein wenig das Gesicht wahren will und sein von Palm entwickeltes, mobiles Betriebssystem webOS der Nutzer- und Entwickler-Community überlässt.

HP behält die Kontrolle über die Patente, nur um sicherzugehen, dass niemand auf eigene Faust ein gefährliches Software-Monster entwickelt, das Smartphone-Apps frisst; die Software selbst wird unter einer Open-Source-Lizenz zur Verfügung gestellt, wobei noch nicht feststeht, welche Lizenz dafür in Frage kommen wird. HP, seine Aktionäre, Geschäftspartner und Kunden sollten jedoch auch ein kleines bisschen Erleichterung verspüren. Die Entscheidung, die am 9. Dezember bekanntgegeben wurde, ist für alle Beteiligten eindeutig die beste.

Eigentlich die einzig mögliche Entscheidung

Wenn man genauer darüber nachdenkt, kann man diese Aussage nicht so stehen lassen: Es war die einzig mögliche Entscheidung, die der IT-Gigant aus Kalifornien in dieser blamablen Situation treffen konnte. Wenn Software zu Open Source gemacht wird, ist das so ähnlich, wie wenn man gebrauchte, aber immer noch gut erhaltene Kleidung oder Bücher für einen guten Zweck spendet; dem Spender wird dadurch viel Wohlwollen entgegengebracht, ganz zu schweigen von den Steuervergünstigungen, die damit verbunden sind.

Laut HPs Einschätzung war es die bessere Wahl, das Betriebssystem der Open-Source-Gemeinde zu überlassen, anstatt webOS als verlustbringendes Projekt innerhalb des Unternehmens weiterzuführen. Die dritte Option, nämlich diese Abteilung als Ganzes zu schließen, wäre ein klares Eingeständnis gewesen, dass die 1,2 Milliarden US-Dollar, die HP im April 2010 für Palm hingelegt hat, eine gigantische strategische Fehlinvestition waren. Dass dem so war, wissen wir bereits, aber die Aktionäre sowie diejenigen, die es vielleicht werden wollen, sind nicht besonders erpicht darauf, dass diese Tatsache in aller Öffentlichkeit breitgetreten wird.

HP hat noch nicht alle Details dieses Schrittes offengelegt, da das Unternehmen noch nicht mitgeteilt hat, ob webOS als Abteilung innerhalb von HP weiterexistieren wird oder ob es ausgegliedert und als unabhängige Firma weitergeführt wird, ähnlich wie beim Hadoop-Entwicklerteam, das Anfang dieses Jahres aus Yahoo ausgegliedert und nun unter dem Namen Hortonworks als eigenständige Firma agiert.

Im Moment gibt HP offiziell nur bekannt, dass »das Ziel des Projektes die Beschleunigung der Weiterentwicklung der webOS-Plattform im Rahmen von Open Source ist« und dass »HP ein aktiver Teilnehmer und Investor bei diesem Projekt sein wird«. Viel kann man aus diesem Statement nicht herauslesen, aber im Laufe der Zeit wird man sicherlich mehr darüber erfahren, wie viel Zeit, Arbeitskraft und Geld HP wirklich in webOS stecken will.

Unabhängig davon, wie sich HP am Ende entscheiden wird – die Tatsache, dass webOS den Status der Gemeinnützigkeit erhält, verschafft HP Steuervergünstigungen. Jetzt entscheiden die Juristen, welches der beiden Szenarien die größeren Steuererleichterungen einbringt: eine einmalige Abschreibung des Spin-Offs oder eine kontinuierliche innerbetriebliche Abschreibung.

Das sind gute Neuigkeiten für HP, darüber hinaus wird das Unternehmen verdientermaßen Beifall seitens der Software-Entwicklergemeinde erhalten dafür, dass es so »großzügig« mit kostspieligem Software-Code verfährt.

»Potenziell ein bedeutsamer strategischer Schritt«

»Dies stellt einen potenziell bedeutsamen strategischen Schritt seitens HP dar, aber nur, wenn HP es richtig macht«, teilte Clint Oram, CTO und Mitbegründer von SugarCRM, der Redaktion mit. »Das bloße Bestreuen von Technologie mit Open-Source-Feenstaub macht sie nicht auf magische Weise besser. Vor HP liegen nun einige wichtige Schritte, darunter die Auswahl der richtigen Lizenz und, was noch wichtiger ist, der Aufbau einer Gemeinde von Entwicklern und Nutzern.«

Markus Rex, früher Senior Vice President bei Novell, dort auch für SUSE Linux verantwortlich und außerdem CTO der Linux Foundation, nahm dazu gegenüber der Redaktion folgendermaßen Stellung: »Es ist immer erfreulich zu hören, wenn ein Software-Projekt als Open Source freigegeben wird, besonders dann, wenn der Anfang schon gemacht ist und es auf Tausenden von Geräten im Einsatz ist.«

»In der Ankündigung stehen sicherlich all die Dinge drin, die man gerne hört; wenn es auch in der Praxis so läuft, wäre das auf jeden Fall eine gute Sache. Dies ist eine großartige Gelegenheit, Linux- und Open-Source-basierte, mobile Betriebssysteme einander näher zu bringen und sich einheitlich gegenseitig zu unterstützen.«

Es geht das Gerücht um, dass HP einen Tablet-PC auf webOS-Basis in der Entwicklung hat, der 2013 auf den Markt kommen soll. Man hofft gegen alle Wahrscheinlichkeit, dass die Magie des iPads von Apple und der führenden Android-Geräte bis dahin abgeklungen ist. Allerdings könnte sich das Gerücht um ein neues Tablet auf webOS-Basis als schlichter Marketing-Trick herausstellen, um das Interesse in der Open-Source-Entwicklergemeinde für mobile Apps anzuheizen.

Ein Schlussgedanke dazu: Wer will schon Software entwickeln für ein Betriebssystem, das so weit hinter iOS, Android und Blackberry hinterher hinkt, dass es kaum die Rücklichter aus der Entfernung sehen kann? Es wird HP zufallen, die Lobby-Arbeit in der Community zu übernehmen, egal ob webOS irgendwann in ein unabhängiges Unternehmen ausgegliedert wird oder nicht, und es ist nicht bekannt, wie viel Kapital das Unternehmen investieren will. Letzten Endes ist HP eine Firma, die ihr Geschäft hauptsächlich mit Servern, Storage, Druckern und Dienstleistungen macht.

Die beteiligten Gruppen fangen schon mit den ersten Imponiergesten an. Aber es scheint, als ob die interessantesten Neuigkeiten zu diesem Thema erst noch kommen werden.

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