Der Image-Quotient der Hightech-Branche

Hightech-Unternehmen gehören in den USA zu den beliebtesten Unternehmen überhaupt. Ihr Image ist in den Staaten offenbar auch deutlich besser als das ihrer Pendants in Deutschland.
Während Unternehmen wie Apple oder Google wegen ihres Umgangs mit dem Datenschutz (Google) oder der Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern (Apple) hier zu Lande ständig in der Kritik stehen, gelten sie in Amerika als innovative Hightech-Companys und Zugpferde der heimischen Wirtschaft.
Der Reputation Quotient
Deutlich wird das an der aktuellen Studie des Marktforschungsunternehmens Harris Interactive. Für die jährlich erscheinende Studie wurden im Dezember 2011 mehr als 17 500 Menschen interviewt.
Auf dieser Grundlage ermittelten die Marktforscher dann den sogenannten »Reputation Quotient« der 60 bekanntesten Unternehmen. Der soll auf die Stelle hinter dem Komma genau Auskunft geben über das mehr oder weniger gute Image der Unternehmen in den USA.
Harris Interactive vergibt dabei Punkte auf einer Skala von eins bis 100, wobei alles ab 80 als exzellent, Punkte zwischen 75 und 79 als sehr gut und zwischen 70 und 74 als gut gelten.
In der aktuellen Umfrage landet Apple mit 85,6 Punkten auf Platz eins der Beliebtheitsskala, darf sich also über einen »exzellenten« Ruf bei den US-Verbrauchern freuen. Das ist das beste Ergebnis, das jemals ein Unternehmen in den 13 Jahren seit Bestehen der Umfrage erzielt hat.
Knapp dahinter liegt Vorjahressieger Google mit 82,8 Punkten, ebenfalls ein Ergebnis mit dem Prädikat »exzellent«.

Amazon und Microsoft unter den Top Ten
Auch andere Hightech-Unternehmen können jede Menge Sympathiepunkte einheimsen. So liegt Amazon mit 81,9 Punkten auf dem vierten Platz. Microsoft (79,9), Sony (79,2) und Samsung (78,1) belegen die Plätze neun, elf und 13.
Nicht mehr ganz so gut ist das Image von IBM (75,1), HP (73,4) und Dell (72,6). Mit diesen Werten haben die IT-Riesen aber immer noch einen zumindest guten Ruf.
Das extrem gute Abschneiden von Apple hatte sich schon in den letzten Jahren angekündigt. Der »Reputation Quotient« des Nobelherstellers ist in den letzten zwölf Jahren kontinuierlich gestiegen. 2011 lag Apple mit 82,1 noch auf Platz fünf, Spitzenreiter war Google mit 84,1 Punkten. In diesem Jahr ist Apple an Google vorbeigezogen.
Auch Amazon hat von 2011 auf 2012 mit einem Sprung von Platz acht auf Platz vier seine Beliebtheit bei den Verbrauchern steigern können.
HPs guter Ruf leidet
Das Gegenbild zu Apple liefert HP. Das Unternehmen ist seit Langem Stammgast in der Liste der 60 bekanntesten Unternehmen, allerdings in einer steten Abwärtskurve. Mit 73,4 Punkten sackte der Wert von HP gegenüber 2011 um drei Punkte nach unten. Vermutlich haben Presseberichte über Turbulenzen im Topmanagement und der Zickzackkurs in der Produktpolitik dem Image des IT-Riesen spürbar geschadet.
Doch zurück zu Apple, dem Liebling der US-Verbraucher. Bemerkenswert ist die Beliebtheit in den Staaten auch deshalb, weil der Ruf des iPad-Herstellers in Deutschland bei weitem nicht so gut sein dürfte. Die zahlreichen Presseberichte über die Arbeitsbedingungen beim chinesischen Zulieferer Foxconn haben den ehemals nahezu perfekten Ruf des iPad-Herstellers in Deutschland angekratzt. In den USA hingegen ist das für die Konsumenten offenbar kein Thema.
Dem scheint allerdings eine aktuelle Meldung der GFK Gruppe zu widersprechen. Demnach hat Apple bei der Verleihung der Auszeichung »best brands 2012« gerade den ersten Platz in der Kategorie »Beste Produktmarke« erreicht. Auch diese Wertung wurde anhand von Interviews mit Konsumenten erstellt und auch hier spielt der Faktor »Beliebtheit« eine Rolle.
Doch im Unterschied zum »Reputation Quotient« von Harris Interactive geht es hier mehr um die Marke und weniger um Image oder Sympathie-Werte des dahinter stehenden Unternehmens. Als beste »Wachstumsmarke« wurde übrigens Smartphone-Hersteller HTC ausgezeichnet, der in der US-Liste nicht erscheint.
Die Zugpferde der US-Wirtschaft
Der Report von Harris Interactive zeigt daneben, dass die Beliebtheit einzelner Unternehmen in den USA vor allem davon abhängt, wie sehr sie nach Meinung der Befragten zur Erholung der amerikanischen Wirtschaft beitragen.
Denn um diese steht es nach Meinung vieler nicht zum Besten.
Laut Harris Interactive sind viele Amerikaner unzufrieden mit ihrer Wirtschaft. Nur zwei von zehn der Befragten denken, dass die Unternehmen ihre Reputation im vergangenen Jahr verbessert hätten. Hingegen denken 60 Prozent, dass der Ruf der heimischen Industrie in den letzten Jahren stark gelitten habe.

Vor allem die Finanzbranche hat – wenig überraschend- in den letzten Jahren stark an Beliebtheit eingebüßt. Auf die Frage, welche Branchen die wirtschaftlichen Probleme der USA verschlimmert haben, nennen 70 Prozent die Finanzbranche.
Noch schlimmer ist es nur um das Image der Regierung bestellt, von der 79 Prozent glauben, dass sie die Probleme der Wirtschaft nur noch schlimmer machen.
Im Gegensatz dazu ist die IT-Branche fein raus. 53 Prozent der Amerikaner glauben, die Technologie-Branche sei gut für die US-Wirtschaft. darüber hinaus attestieren 76 Prozent der Branche insgesamt einen guten Ruf. Davon profitieren sicher auch einzelne Unternehmen wie Apple oder Google.
Intel und Facebook tauchen nicht auf
Auf den ersten Blick merkwürdig ist, dass einige der großen Anbieter der IT-Industrie in der Liste der 60 bekanntesten Firmen gar nicht vorkommen. Facebook nicht, Intel nicht und eBay nicht, um nur einige Beispiele zu nennen. Intel war immerhin im Vorjahr mit einem sehr guten Wert von 81,9 vertreten, Facebook hatte 74,1. Beide Unternehmen sind plötzlich aus dem Ranking verschwunden.
Die Ursache für die Abwesenheit in der Image-Liste liegt in der Fragestellung der Studie. Die 60 bekanntesten Unternehmen sind nämlich diejenigen, zu denen die Befragten eine sehr starke Meinung haben.
Die Befragten mussten jeweils zwei Unternehmen nennen, die ihrer Ansicht nach das beste Image und zwei, die das schlechteste Image haben. Die Liste von Harris Interactive führt also nur Firmen auf, die in der öffentlichen Diskussion stehen und die möglicherweise besonders polarisieren.
Und das war offenbar weder bei Intel noch bei Facebook der Fall.
Bewertung in sechs Kategorien
Um schließlich den »Reputation Quotient« zu errechnen, mussten die Teilnehmer der Studie den Unternehmen Punkte in sechs verschiedenen Kategorien geben: Unternehmensethik (Social Responsibility), Arbeitsplatzqualität (Workplace Environment), Produktqualität, emotionale Wirkung, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und schließlich Vision und Marktführerschaft (Vision and Leadership).
Apples Spitzenplatz erklärt sich durch die extrem hohe Bewertung in den meisten der genannten Kategorien: Die Befragten spendierten 88,4 Punkte für »Vision and Leadership«, 87,3 Punkte für Produktqualität, 87,9 Punkte für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und 86,4 Punkte für Arbeitsplatzqualität. Amazon übertrifft Apple nur in der Kategorie emotionale Wirkung.
Die nächsten Monate werden mit Sicherheit noch die ein oder andere Verschiebung bringen. Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Hightech-Unternehmen auch in der nächsten Reputation-Umfrage wieder Spitzenplätze belegen.