Oracle-CEO Ellison: “Ich weiß nicht, ob Java frei ist”

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Am zweiten Verhandlungstag im Java-Prozess zwischen Oracle und Google standen die Zeugenaussagen der beiden Konzernchefs im Mittelpunkt. Beide neigten im Kreuzverhör der gegnerischen Anwälte zu ausweichenden Antworten und rückten nicht von ihren kompromisslosen Positionen ab.

In der ersten Verhandlungsphase geht es um Copyright. Laut Oracle sollen 37 in Android OS eingesetzte APIs unter urheberrechtlichem Schutz stehen. Google hingegen geht davon aus, dass Copyright nicht auf Programmierschnittstellen anwendbar ist. Das Unternehmen versichert außerdem, dass es in Android OS weder Code noch Dokumentation von Java verwendet, die nicht freigegeben sind.

Larry Ellison Oracle 75pxAuf die Frage von Googles Chefanwalt Robert Van Nest, ob die Java-Programmiersprache frei sei, antwortete Oracle-CEO Larry Ellison nur zögerlich. Richter William Alsup drängte ihn schließlich, die Frage klar zu bejahen oder zu verneinen. Ellison weigerte sich jedoch und schnappte: “Ich weiß es nicht.”

Das sollte offenbar eine Umschreibung dafür sein, dass die Sachlage komplex und schwer zu erklären ist. Obwohl Java frei und kostenlos zu nutzen ist, erwartet Oracle doch die Lizenznahme für bestimmte Einsatzzwecke. Ellison musste die drei verschiedenen Lizenzformen beschreiben: Open Source (GPL), Spezifikationen, kommerziell. Als Beispiele kommerzieller Lizenzierung nannte er RIM für das Smartphone Blackberry und Amazon für den E-Book-Reader Kindle.

Auf eine Frage von Oracles eigenem Anwalt stellte er Google als Ausnahme dar: “Das einzige Unternehmen, das meines Wissens keine diese Lizenzen erworben hat, ist Google.”

In Verlegenheit brachten Ellison frühere öffentliche Aussagen, in denen er Java als frei herausgestellt hatte. Bei der Entwicklerkonferenz JavaOne hatte er im Juni 2009 Sun dafür gelobt, Java geöffnet und der Welt geschenkt zu haben. Ellison gab im Zeugenverhör auch zu, dass Oracle unter anderem Sun gekauft hatte, um selbst in das Smartphone-Geschäft zu gehen – es sei jedoch kein vorrangiger Grund gewesen.

Die Aussage von Google-CEO Larry Page wurde im Gerichtssaal als Video vorgeführt. Sie war tatsächlich schon am 24. August 2011 erfolgt und aufgezeichnet worden. Er musste sich dabei Fragen des Staranwalts David Boies stellen, der ihn für Oracle ins Verhör nahm. Boies hielt ihm vor allem interne Präsentationsfolien und E-Mails von Google vor, aus denen herzugehen scheint, dass sich das Unternehmen einer Java-Lizenzpflicht bewusst war. Es habe verschiedene Diskussionen gegeben, wich Page aus, aber er könne sich nicht mehr an Einzelheiten über mögliche Lizenzen und Bedingungen erinnern.

Das Verfahren wird voraussichtlich acht Wochen dauern und ist in drei Phasen eingeteilt: Copyright, Patente und Schadenersatz. Patente spielen dabei nicht mehr die zuvor erwartete Rolle. Von ursprünglich sieben Patenten, die angeblich verletzt wurden, waren zum Prozessbeginn nur noch zwei übrig. Den ursprünglich geforderten Schadenersatz von 6,1 Milliarden Dollar hat Oracle bereits auf rund eine Milliarde Dollar reduziert.

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