Praxisratgeber: IT-Ausstattung für Start-ups

Start-ups, die sich mit einer guten Geschäftsidee etablieren wollen, kommen um ein Thema nicht herum: die IT-Ausrüstung. Die Beschäftigung mit dem Thema kann kompliziert werden, denn hier geht es nicht nur um die Wahl des richtigen Servers oder die Anschaffung von Arbeitsplatz-PCs, Office-Software und Notebooks. Das sind noch die leichtesten Entscheidungen. Entscheidend sind eher spröde klingende Themen wie Sicherheit, Outsourcing, Datenformate und Backup. Diese Aspekte wollen vor der Unternehmensgründung durchdacht sein.
Ziel ist es, die IT-Ausrüstung so zu gestalten, dass sich das Unternehmen ganz auf seine Geschäftstätigkeit konzentrieren kann. Das ist ungefähr so wie bei einem Fußballer, der vor dem Spiel überlegt, welcher Schuh der richtige ist und ihn ordentlich festschnürt. So kann er sich auf dem Platz aufs Toreschießen konzentrieren und muss keine Gedanken darauf verschwenden, ob er in den richtigen Schuhen herumläuft.

Daten stehen im Mittelpunkt
ITespresso hat Experten zu diesem Thema befragt. Worauf muss man bei der Unternehmens-Neugründung achten? Welche Entscheidungen sind zu treffen? Und in welcher Reihenfolge?
Die Antworten zeigen, dass ein Aspekt sich wie ein roter Faden durch die IT-Planung zieht: die Daten. Jederzeit problemloser Zugriff auf Daten und Dokumente ist wichtiger als die Rechenpower der PCs oder die Entscheidung über eine E-Mail-Software.
Unternehmensgründer sollten sich beispielsweise schon vor dem ersten offiziellen Arbeitstag Gedanken über Backups gemacht haben. Wie werden Backups technisch realisiert? Wer ist dafür zuständig? Ebenso wichtig sind Sicherheitsaspekte wie etwa der Schutz vor Datenklau oder vor Angriffen aus dem Web. Auch hier geht es letztlich darum, die Integrität aller Daten zu schützen.
Unkreative Aufgaben an Dienstleister geben
Sinnvoll ist es auch, unkreative aber notwendige Aufgaben wie Lohnbuchhaltung oder Abrechnung an externe Anbieter zu vergeben. Bei der Wahl des externen Anbieters sind ebenfalls die Daten in den Mittelpunkt zu stellen. Vor allem dann, wenn der Anbieter mit eigenen proprietären Standards arbeitet. Hier sollte man strikt darauf achten, dass man im Falle eines Anbieterwechsels auch Daten und Dokumente problemlos umziehen kann. Wer auf Cloud-Anbieter setzt, muss vor Vertragsabschluss wissen, wie er im Zweifelsfall die Daten aus der Cloud auf die Firmen-PCs bekommt.
Nachfolgend finden Sie die Statements von Branchenexperten. Dabei geht es um die zentrale Frage: Wie lässt sich die Technik so einrichten, dass sich die Mitarbeiter voll und ganz auf ihren Job konzentrieren können? Das ist eben wie im Fußball. Wer die Schuhe richtig geschnürt hat, kann sich ganz aufs Toreschießen konzentrieren.
Holger Skurk, Bitkom
Holger Skurk, Bereichsleiter IT-Infrastruktur & Digital Office Bitkom – Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien.
Gerade bei jungen Unternehmen in der dynamischsten Phase sind Zuverlässigkeit (Verfügbarkeit/Datensicherheit) und Flexibilität wichtig.
• Da man alle verfügbare Zeit dem Aufbau des Geschäftsmodells widmen sollte und nicht dem der IT, bietet es sich an, soweit wie möglich auf Outsourcing, also Cloud Computing zu setzen. Hier wird zudem weniger Kapital gebunden als beim Aufbau einer kompletten eigenen Infrastruktur, was ebenfalls der Geschäftsentwicklung zugutekommt.
• Wichtig ist, dass die Jung-Unternehmer sich klar darüber sind, welche Daten und IT-Komponenten wie wichtig für den Fortbestand sind. Und diese sollte man entsprechend ihrer Wichtigkeit verfügbar halten. Basiert das Unternehmen zum Beispiel auf der Entwicklung von Software, so wird man die wichtigsten Entwicklungsserver sicherlich lokal vorhalten. Unter Umständen auch redundant. Bei temporär höherem Aufkommen wird man dann auf Cloudservices zurückgreifen.

• Cloud Computing ersetzt nicht die Notwendigkeit von Backups der wichtigen Daten. Dafür müssen Infrastruktur und Prozesse vorhanden sein.
• Bei Service-Verträgen ist es wichtig, dass sie zu den eigenen Bedürfnissen nach Zuverlässigkeit und Flexibilität passen. Wenn man 100 Prozent Verfügbarkeit braucht, ist ein Vertrag, der 95 Prozent vereinbart, nicht passend. Zudem sollten Verantwortlichkeiten und Reaktionszeiten vereinbart sein.
• Im Normalfall wird die IT-Strategie sicherlich mehrere Absätze im Businessplan des Start-ups einnehmen.
Volker Kaps, Wortmann
Volker Kaps ist Produktmanager für PC-Systeme beim deutschen IT-Anbieter Wortmann.
Die richtige IT-Strategie ist eine Frage der Struktur, der Kosten, der Übersichtlichkeit (Administration) und der Professionalität. Wenn am Anfang alles “mal nebenbei” mit wenig Aufwand installiert und angeschafft wurde, ist die Gefahr groß, dass das im Chaos endet.
Hat die Firma den Geschäftsbetrieb einmal aufgenommen, dann ist keine Zeit mehr, sich mit der IT-Infrastruktur zu befassen. Dann gibt es oft zusätzliche “gebastelte” Insellösungen, so dass es halbwegs funktioniert. Doch wenn Fehler auftreten, wird es extrem aufwendig, die Ursachen hierfür zu finden und zu beheben.
Deshalb muss man sich vorher Gedanken machen und am besten einen professionellen Partner vor Ort suchen, mit dem man von Beginn an eine gute, einfach erweiterbare Basis schaffen kann.

Die versteckten Kosten
Was viele nicht wissen oder nicht wissen wollen: Die Kosten für eine lauffähige IT entstehen zum Großteil nicht mit den Anschaffungskosten für die Standard-Hard- und Software. Die meisten Kosten verstecken sich auf den ersten Blick nicht sichtbar in der Fehlersuche, beispielsweise, wenn etwas nicht läuft oder wenn Daten nicht mehr auffindbar sind. Daher sollte man auch am Punkt Wartung, Erneuerung von Virenschutz, Update von Software nicht sparen.
Diese Aspekte sind zu beachten
• Benötigt das Unternehmen ein eigenes Netzwerk mit Server? Vorteil: Die Daten können im LAN gespeichert werden und jeder User hat Zugriff. Oder nur vier bis fünf Stand-alone-PCs? Wie viel Speicherkapazität wird benötigt?
• Mit welchem Datenaufkommen wird gerechnet? Gegebenenfalls sollte man ein NAS ins System implementieren, doch das kann man auch noch später machen – Stichwort Skalierbarkeit.
• Bei der Wahl des Servers könnte ein Blick auf Miniserver lohnen. Diese Rechner sind leicht konfigurierbar und erweiterbar.
• Netzwerksoftware: Könnte zum Beispiel Microsoft Small Business Server 2011 (maximal 75 User) sein oder Microsoft Small Business Server 2011 Essentials (maximal 25 User).

• Bei den Arbeitsplätzen sind herkömmliche PCs nach wie vor erste Wahl. Die sind sehr gut erweiterbar, robust, einfach und günstig in der Wartung. Daneben bieten sie große Rechenleistung. Je nach Anforderung könnten aber auch Notebooks sinnvoll sein. Als Betriebssystem kommt Windows 7 Professional, zusätzlich Microsoft Office Home & Business oder Professional in Frage.
• Drucker sollten Netzwerkanbindung haben, damit jeder Mitarbeiter direkt vom Arbeitsplatz aus drucken kann. Dabei sollte an die Verbindung des Druckers ans WLAN gedacht werden, sonst wird es lästig, wenn das Notebook erst jedes Mal mit dem Drucker manuell verbunden werden muss. Es sollte ein Netzwerkswitch implementiert werden, das ist die sauberste Lösung.
• Eine interessante Alternative ist Cloud Computing. Doch weiss man da, was da wirklich mit den Daten passiert und wo diese gespeichert sind? Die Rechte der staatlichen Instanzen in den USA sind völlig anders gestaltet als in Deutschland und Europa – darüber sollte man sich gründlich Gedanken machen.
• Datensicherung nicht vergessen. Das Thema wird zu gern vernachlässigt. Wer schon mal Daten verloren hat, weiss wie teuer die Wiederherstellung ist, verglichen mit der Anschaffung und Wartung der Datensicherung. Circa 70 Prozent aller Unternehmen, die einen massiven Datenverlust erlitten haben, gehen spätestens nach einem Jahr in Konkurs.
Lesen Sie zum Thema IT-Ausstattung bei Start-ups auch das Exklusiv-Interview mit dem IDC-Analysten Rüdiger Spies.
Weitere Informationen für Existenzgründer und Startups finden Sie auf dem Existenzgründungsportal des Bundeswirtschaftsministeriums.