Start-ups allein zu Hause

Start-UpUnternehmen

Marktforschungsunternehmen sind für IT-Journalisten eine feine Sache. Da gibt es alle paar Tage eine neue Story: beispielsweise ein Bericht über die neueste Entwicklung bei Desktop-PCs oder aktuelle Zahlen über den Siegeszug der Smartphones oder Tipps für CIOs zur besten Cloud-Computing-Strategie. Da hat man dann fast schon eine fertige Geschichte auf dem Bildschirm oder zumindest einen Startpunkt für die Recherche.

Neben Instituten wie Gartner, Forrester und IDC versorgt auch der deutsche Branchenverband Bitkom die Redaktionen fast täglich mit Meldungen über den ITK-Markt. Zwar ist der Bitkom kein Marktforschungsunternehmen, sondern eine Interessenvertretung, aber dazu gehören eben auch die intensive Beobachtung der Hightech-Branche und die entsprechenden Trend-Meldungen.

Wenn Journalisten über diese Meldungen von Gartner und Co berichten, dann freuen sich auch die Marktforscher. Denn dadurch wird auch die potenzielle Kundschaft auf das Thema aufmerksam. Die nehmen dann vielleicht Kontakt zum Marktforschungsunternehmen auf, kaufen für teures Geld detailliertes Zahlenmaterial für ihr Marktsegment oder lassen sich zu einem bestimmten Thema wie beispielsweise der Cloud-Computing-Strategie beraten.

 

Der Hightech-Verband Bitkom konzentriert seine Arbeit auf mittelständische Unternehmen der ITK-Branche.

Studie bereitet Produktlaunch vor

Manche große Unternehmen nutzen das Umfrage- und Analyse-Know-how der Marktforscher, um die Marktchancen der eigenen Produkte vorab einschätzen zu können. Ein Anbieter von Produkten für Unified Communication (UC) könnte beispielsweise eine Umfrage in Auftrag geben, die herausfindet, ob bei mittelständischen Unternehmen ein Bedarf für IP-basierte Telefonanlagen besteht. Fällt das Ergebnis positiv aus, wird es flugs veröffentlicht und dient als Argument für den Verkauf der UC-Produkte. Schließlich handelt es sich um Zahlen eines seriösen Marktforschungsunternehmens.
Irgendwann stellt sich dann aber doch die Frage, was Marktforscher für Unternehmen wirklich bringen. Eins ist klar: Die guten Ideen und das Geschäftsmodell müssen vom Unternehmen selbst kommen. Hat beispielsweise Steve Jobs, als er mit seinem Team den iPod, das iPhone oder das iPad entwickelte, Marktforschungsunternehmen gefragt? Wohl eher nicht. Vielleicht am Rande, als flankierende Maßnahme, etwa, um die Rahmenbedingungen in bestimmten Märkten zu analysieren.

Für kleine Unternehmen nicht zuständig

Aber vor allem kleinere Unternehmen könnten die Hilfe von Marktforschern ganz gut gebrauchen. Soweit man das auf den Webseiten von Marktforschungsunternehmen wie IDC oder Gartner erkennen kann, fühlen sich diese aber für die Kleinen einfach nicht zuständig. Eine entsprechende Anfrage von ITespresso bei Gartner und IDC brachte jedenfalls kein positives Ergebnis. Von Gartner kam überhaupt keine Antwort. Auch der Bitkom hat die Anfrage nicht beantwortet. Sieht man sich die Selbstdarstellung des Verbands auf der Webseite an, dann interessiert sich der Bitkom ebenfalls eher für die größeren und finanzkräftigen Mittelständler.

Es entsteht der Eindruck, dass sehr kleine Unternehmen von der Beraterzunft allein gelassen werden, es sei denn, es wird wieder mal ein schicker Innovationspreis ausgelobt oder publikumswirksam ein Gründerwettbewerb.

Die IHK berät auch Existenzgründer, Start-ups und Selbstständige. Dafür stehen 80 Niederlassungen in Deutschland bereit.

 

Das ist schade, denn gerade die ganz Kleinen könnten das Know-how, die Erfahrung und die Infos etablierter Marktforscher und Branchenverbände ganz gut gebrauchen. Dass so viele Start-ups die Anfangshürden nach dem Marktstart nicht überwinden und scheitern, hat möglicherweise etwas damit zu tun, dass sie auf sich allein gestellt sind. Große Unternehmen haben in der Regel genug Geld, um den ein oder anderen Misserfolg wegstecken oder für einige Zeit ins Stolpern geraten zu können. Neu gegründete Unternehmen sind nicht so gut aufgestellt. Bei ihnen muss der erste Versuch sitzen, sonst sind sie weg vom Fenster.

Gründungsinteresse auf dem Tiefstand

Diese Situation trägt teilweise auch zu solch bitteren Diagnosen bei wie die im aktuellen Gründerreport 2012 des DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag). Darin wird beklagt, dass sich das “Gründungsinteresse in Deutschland einem Tiefstand nähert. Im laufenden Jahr dürfte es weniger als 400.000 neue Unternehmen geben.”

Gut, dass es Institutionen wie die 80 regionalen IHK-Niederlassungen in Deutschland oder das Bundeswirtschaftsministerium gibt. Dort wenigstens können sich Start-ups, Selbstständige und sehr kleine Unternehmen Rat und Know-how holen.

Ansonsten geht es ihnen auch nicht anders als den größeren Firmen. Sie sind auf gute Ideen angewiesen und auf ihr Geschick, diese auf dem Markt zu platzieren. Nur mit dem Unterschied, dass sie auf dem Weg zum Erfolg kein einziges Mal stolpern dürfen  …

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