Warum HP Tablet-PCs bauen sollte

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Ein Mann geht übers Eis. Sein Schritt ist fest und sicher. Dann rutscht er plötzlich mit dem linken Fuß weg. Sein Oberkörper geht nach rechts, mit dem rechten Arm versucht er auszugleichen, dann rutscht er nach vorne, rudert jetzt mit beiden Armen, strampelt mit beiden Beinen, reißt den rechten Arm in die Höhe – kurz, er führt ein bizarres Ballett auf, bis er nach einigen Sekunden entweder auf der Nase liegt oder sich wieder gefangen hat und seinen Weg fortsetzen kann.

Dieser Mann heißt Hewlett-Packard und tatsächlich könnte man das, was in den letzten zwei Jahren bei dem IT-Riesen beobachten musste, als ein bizarres Ballett bezeichnen.

2010 hatte HP den kriselnden Mobilgeräte-Hersteller Palm gekauft, um auf dem Markt für Smartphones und Tablet-PCs besser mitmischen zu können. Doch bis heute gibt es kein HP-Gerät mit dem viel versprechenden Web OS von Palm. Das Touch Pad war zwar mit diesem Betriebssystem ausgestattet, wurde aber zwei Monate nach dem Marktstart im Herbst 2011 wieder aus dem Handel genommen.

Trennung vom PC-Geschäft dementiert

2011 hatte auch der damalige HP-Chef Léo Apotheker, angedeutet, man werde sich vom PC-Geschäft trennen, dann wurde dementiert. Kurz darauf musste Apotheker gehen und wurde durch die ehemalige Ebay-Chefin Meg Whitman ersetzt. Sie versucht wieder mehr Kontinuität in das Unternehmen zu bringen.

Doch auch die letzten Monate brachten reichlich schlechte Nachrichten. Rückläufige PC-Verkäufe, sinkende Aktienwerte und der Verdacht gegen das von HP gekaufte Unternehmen Autonomy wegen Bilanzbetrugs bis hin zu den Gerüchten der vergangenen Tage, HP ziehe sogar eine Aufspaltung in Erwägung. Dass der Standort Rüsselsheim geschlossen werden soll und voraussichtlich mehr als 1000 Mitarbeiter in Deutschland ihren Job verlieren werden, ist leider kein Gerücht mehr.

So gesehen passt in diesen Tagen das Bild des Mannes, der auf einer Eisplatte ins Rutschen geraten ist, und mit wilden Aktionen versucht sich zu stabilisieren, ganz gut zu HP.

Tablet-PC als Sündenbock

Der Hauptschuldige an der unseligen Entwicklung steht schon mal fest. Es ist der Mobilmarkt und insbesondere der Tablet-PC – und da hat HP abgesehen von einigen sehr schönen und soliden Notebooks nicht wirklich viel zu bieten. Im Moment sahnen da Apple und Samsung ab.

Doch immerhin hatte HP ja seine Chance. Ein gutes Betriebssystem (Web OS) und ausreichend finanzielle Ressourcen und Technik-Know-how um einen ordentlichen Tablet-PC hinzukriegen. HP hat es nicht geschafft, vielleicht weil das Management nach dem holprigen Start des Touch Pad kalte Füße bekommen hat.

Dell und Fujitsu

HP ist nicht der einzige IT-Riese, der in den letzten zwei Jahren einen schweren Stand hatte. Bei Dell sind die PC-Verkäufe in Europa stark rückläufig, der Marktanteil liegt laut Gartner im vierten Quartal 2012 bei nur noch 8,4 Prozent, nochmal 2 Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Auch Fujitsu hat Restrukturierungen, Personalabbau und eine Neuausrichtung angekündigt.

Bei der Neuausrichtung stehen zumeist die Schlagworte Cloud Computing und IT-Services im Mittelpunkt. Klar, die IT-Zukunft liegt nach Ansicht der meisten Fachleute in der Cloud. PCs und Notebooks scheinen sich nicht mehr zu lohnen, bei den Tablets liegen Apple und Samsung scheinbar uneinholbar vorne.

In all den Ankündigungen der vergangenen Monaten scheint eine Tendenz durch, den Tablet-Markt aufzugeben und den PC-Markt nur noch als lästige, weil unlukrative Pflichtübung zu betrachten. Stattdessen neigen HP, Dell und Fujitsu dazu, sich auf die vermeintlich “großen Lösungen” zu konzentrieren: Cloud Computing und Big Data, Storage und IT-Services. Big Data bedeutet Big Money, das ist die Hoffnung.

Technologieführer auf dem Consumer-Markt

Das könnte eine fatale Fehlentscheidung sein. Denn erfolgreiche Geschäfte in der Hightech-Branche hängen auch davon ab, dass der Anbieter als marktprägender Technologieführer gesehen wird. Das Image als Technologieführer holt man sich aber viel eher auf dem Consumer-Markt als beispielsweise bei der eher undurchschaubaren und komplizierten Netzwerktechnik.

Das hängt wiederum damit zusammen, dass viele Unternehmen heute beim IT-Personal sparen und das entsprechende IT-Fachwissen tendenziell zurückgeht. Die IT-Manager und Einkäufer in Unternehmen werden ihr Augenmerk in Zukunft also auf Anbieter richten, die sich mit hochwertigen Consumerprodukten wie Tablet-PCs oder Smartphones bereits einen Namen gemacht haben.

Die Consumerisierung der Unternehmens-IT tut ein Übriges dazu, dass die für den Endanwender entwickelten Produkte und Technologien in den Fokus der IT-Einkäufer geraten. Deshalb sollten HP, Fujitsu und Dell den Markt für PCs, Notebooks und Tablets nicht aus dem Auge verlieren. Hier werden die Gewinner der IT-Branche gemacht. Und hier hat der Mann auf dem Eis eine Chance, wieder in Tritt zu kommen.

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