Windows Blue: die fünf wichtigsten Aufgaben für Microsoft

Noch bevor das Betriebssystem im Oktober vergangenen Jahres überhaupt auf den Markt gekommen ist, hat Microsoft für Windows 8 ordentlich Kritik einstecken müssen. Der Softwarekonzern unternimmt nun aber vorsichtige Schritte, um in seiner nächsten Betriebssystemgeneration wenigstens die Ursachen von ein paar der häufigtsen Beschwerden zu beseitigen. Kommunikationschef Frank Shaw umriss kürzlich einige dieser Schritte.
Windows Blue kommt als eine Serie von Updates; es ist kein Service Pack und auch kein Upgrade mit neuen Funktionen. Es soll eine Reihe von Schwierigkeiten beheben – keine “Probleme” –, die eine Menge Windows-Nutzer mit Windows 8 zu haben scheinen. Microsoft kann hier in jedem Fall einiges verbessern. Fünf Dinge wären besonders wichtig.
1. Entwicklern “Metro” näherbringen
Metro dürfte uns wohl noch eine ganze erhalten bleiben – auch wenn es inzwischen anders heißt. Noch ist es Microsofts allerdings nicht gelungen, seine Nutzeroberfläche für Windows 8, – bestehend aus einem Startbildschirm und einer Kachelansicht – der Vielzahl der Nutzer näherzubringen.
Wenn Microsoft der Meinung ist, dass das Metro-App-Modell die Zukunft für Windows ist würde jeder Rollback den Release-Zyklus um Monate, wenn nicht Jahre, verzögern. Es wird deshalb keiner stattfinden. Deshalb sollte das Unternehmen das Modell pushen, bewerben und Anreize für Entwickler schaffen. Außerdem muss Microsoft näher und intensiver mit unabhängigen Entwicklern zusammenarbeiten, die schon traditionelle Windows-Anwendungen aufgesetzt haben – und ihnen helfen, diese auf Metro zu portieren.
Microsoft will seine Mobil- und Desktop-Plattformen kombinieren. Das verursacht große Probleme bei der Nutzerfreundlichkeit. Apple wird es in den kommenden Jahren aber ähnlich ergehen, wenn es letztlich denselben Weg einschlägt – auch wenn es vermutlich weniger Kritik wird einstecken müssen. Denn Apple kommt entgegen, dass es weniger Desktop-Nutzer als Microsoft und sein mobiles Ökosystem ziemlich ausgereift ist.
2. Die Türe zu Windows Blue aufstoßen
In den vergangenen Wochen und Monaten sind immer mehr Details zu Blue aufgetaucht. Hier sickerte etwas durch, dort verplapperte sich jemand. Trotzdem halten sich Microsofts Manager mit klaren Aussagen zurück. Lediglich Julie Larson-Green, die Windows-Entwicklungschefin hat bereits bestätigt, dass Windows Blue ab Ende Juni über den Windows Store jedem zur Verfügung stehen wird, der das Betriebssystem installiert hat.
Vermutlich handelt es sich dabei um eine Consumer Preview, die den Übergang zwischen ungeliebten “Funktionen” und angenehmeren Kompromissen erleichtern soll. Während dieser Übergangsphase sollte Microsoft einen virtuellen Kummerkasten einrichten – für Vorschläge zu Funktionen und Änderungen von Partnern, ausgewählten Power-Nutzern und großen Unternehmenskunden – oder einfach von jedermann.
Der Schluss liegt nah, dass in irgendeiner Form der Startknopf zurückkommen wird, ebenso wie es wohl eine Boot-to-Desktop-Funktion geben wird – die den Startbildschirm gleich ganz umgeht.
3. Windows RT überarbeiten
Bisher weiß noch kaum jemand, wofür das “RT” im Namen überhaupt steht: für RunTime nämlich. Aber selbst dieses Wissen bringt einen kaum weiter. Unabhängig davon hat der Name mit dem Produkt nichts zu tun – was besonders diejenigen abschreckt, die von einer schlankeren Windows-Version profitieren könnten.
Windows RT läuft auf ARM-basierten Tablets. Ungeachtet des Dreikampfs zwischen Intel, AMD und ARM hat der Großteil der Menschheit aber keine Ahnung, worin die Unterschiede bestehen und inwiefern diese von Bedeutung sind. ARM macht aber einen Unterschied. ARM ist die Zukunft, und Microsoft hat das schon vor einer ganzen Weile erkannt. ARMs stromsparende und gleichzeitig unglaublich leistungsfähige Chips wurden schließlich eigens für Tablets entwickelt. Wenn ARM die Zukunft ist, braucht Windows RT dringend eine Generalüberholung – auch, was die Vermarktung anbelangt.
Es gibt einen guten Grund, warum sich die beiden Versionen unterscheiden. Und Microsoft hat gut daran getan, das Marketing für “Windows 8” von dem für “Windows RT” abzukoppeln, weil viele Windows-8-Apps unter RT nicht laufen. Das hat etwa dazu geführt, dass Microsoft eine separate In-House-Version von Office für sein Tablet-OS entwickelt hat.
Microsoft würde eine Menge Probleme für Nutzer lösen, würde es Windows RT einen Namen geben, der das Produkt mehr auf den Punkt bringt und es weniger nach Entwickler-OS klingen lässt. Letztlich muss nämlich derjenige das Produkt verstehen, der es kauft. Ein Name wie “Windows Tablet” würde zwar keinen Preis für Kreativität gewinnen, “Windows Lite” wäre aber durchaus denkbar. Jedenfalls wären beide besser als zwei Buchstaben, die kein Mensch versteht.
4. PCs nicht wie Tablets behandeln
Ein PC ist kein Tablet und ein Tablet kein PC. Deshalb sollte man die beiden Produktkategorien auch nicht gleich behandeln. Die Entwickler von Windows 8 hatten allerdings beides im Kopf. Dabei war Microsoft insgesamt nicht einmal spät dran: Windows 7 sollte eine Brücke im iPad-dominierten Markt schlagen.

Aber Windows 8 war maßgeblich darauf ausgelegt, eine einheitliche Benutzeroberfläche für PCs, Tablets und Smartphones zu liefern. Das Problem dabei: Nicht jeder mag Metro.
Mit Windows Blue könnte Microsoft die Märkte für Touch und Nicht-Touch wieder auseinander dividieren – zumindest für eine Weile. Auf einem Tablet macht ein vergrößerter, berührungssensibler Startbildschirm Sinn, aber genauso sinnvoll ist ein Startmenü für Desktop-PCs und nicht Touch-fähige Laptops, wenn zur Eingabe kein Trackpad oder keine Multitouch-Maus zur Verfügung steht.
Zurück zum Startmenü, weg mit Gesten bei PCs und beide Funktionen für Touch-gesteuerte Geräte beibehalten: Das sollte das Ziel sein. Zwar würde das für manche Nutzer ein Umlernen bedeuten oder für Verwirrung sorgen, aber das ließe sich verschnmerzen. Und es sollte lieber jetzt als später stattfinden.
5. Windows Blue kostenlos verteilen
Vor allen Dingen sollte Windows Blue kostenlos sein – mit Einschränkungen. Microsoft hat sich zuletzt verständnisvoll und schuldbewusst gegeben. Dabei sollte es sich aber nicht für etwas entschuldigen, was es nach bestem Wissen und Gewissen auf den Markt gebracht hat. Wenn Windows Blue einige der kontroversen Änderungen, die Windows 8 mit sich brachte, zurücknimmt, müsste Microsoft das Software-Update kostenlos anbieten – zumindest für eine gewisse Zeit. Das käme einer Entschuldigung am nächsten.

unter dem Menüeintrag “Einstellungen” aufgerufen werden (Bild: Usability.de).
Erfahrung in dieser Richtung hat Microsoft bereits: Das Major-Update von Windows Vista brachte keinen Rollback, sondern verbesserte die Software so maßgeblich, dass es viele Zweifel ausräumte. Für sechs Monate – von Juni 2009 bis Januar 2010 – boten viele PC-Hersteller ein kostenloses Update von Vista auf Windows 7 an. Das reichte aus, um Kunden den Druck zu nehmen, bescherte Microsoft aber trotzdem keine großen finanziellen Einbrüche. Stattdessen sandte der Hersteller ein klares Signal an alle, die mit Vista unglücklich waren.
Allerdings legt Microsoft großen Wert darauf, dass es sich bei Windows Blue um ein “Update” handelt, und nicht um ein “Service-Pack” – wobei es letztere normalerweise gratis verteilt. Das heizt die Diskussion darüber, ob Kosten fällig werden, noch einmal zusätzlich an.
Entweder bietet der Software-Hersteller Blue kostenlos für Windows-8-Nutzer an oder verlangt eine nominelle Gebühr, wie es Apple bei OS-X-Versionen tut. Der Vergleich kommt dem am nächsten, was Blue für Windows 8 sein dürfte – speziell, wenn es letztlich tatsächlich Windows 8.1 heißt.
Windows Blue sollte zwar gratis sein, aber sich in Windows 8 einklinken – sodass neue Nutzer, die die Verbesserungen haben möchten, erst das Betriebssystem kaufen müssen. Schon angesichts dessen, dass Blue voraussichtlich ein Jahr nach dem Launch von Windows 8 erscheinen wird, sollte ein kostenloses Update für bestehende Kunden drin sein.
[mit Material von Zack Whittaker, ZDNet.com]