Cloud Computing: US-Anbietern drohen durch Bespitzelungsskandale Milliardenverluste

Nach Ansicht von EU-Vizepräsidentin Neelie Kroes könnten US-amerikanischen Anbieter von Cloud-Diensten milliardenschwere Aufträge verlieren, weil europäische Kunden nach den Enthüllungen über PRISM und weitere Schnüffelprogramme der NSA das Vertrauen verlieren. “Wenn Unternehmen oder Regierungen annehmen, dass sie ausspioniert werden, dann haben sie weniger Grund, der Cloud zu vertrauen”, kommentierte Kroes, die auch als EU-Kommissarin für die Digitale Agenda zuständig ist, die Bespitzelungsskandale. “Und es werden die Cloud-Provider sein, die am Ende verlieren.”
“Warum würden Sie jemanden dafür bezahlen wollen, dass er Ihre geschäftlichen oder sonstigen Geheimnisse hütet, wenn Sie vermuten oder wissen, dass sie gegen Ihren Willen weitergegeben werden?” fragte Kroes nach einer Tagung des Lenkungsausschusses der European Cloud Partnership (ECP) in der estnischen Hauptstadt Tallinn. “Vordertüre oder Hintertüre – das spielt keine Rolle. Wer klug ist, will seine Informationen überhaupt nicht geteilt wissen. Die Kunden werden rational handeln, und die Provider werden eine großartige Chance verpassen.”
Kroes dachte zudem laut darüber nach, dass eine künftige EU-Regulierung europäische Firmen in der Nutzung von Cloud-Anbietern mit ungenügenden “Sicherheitsgarantien” einschränken könnte. Europäische Cloud-Dienstleister forderte sie auf, Vorteile aus der entstandenen Unsicherheit zu ziehen und “Dienste mit einem besseren Schutz der Privatsphäre” anzubieten.
“Die Cloud hat viel Potenzial”, sagte sie weiter. “Aber das zählt wenig in einer Atmosphäre des Misstrauens. Europäische Cloud-Nutzer sowie amerikanische Cloud-Anbieter und politische Entscheidungsträger sollten gut darüber nachdenken.” Wenn europäische Kunden der US-Regierung und ihren Zusicherungen nicht glauben könnten, dann verlören sie vielleicht auch das Vertrauen in amerikanische Cloud-Anbieter. Den Anbietern könnten dadurch in der Konsequenz mehrere Milliarden Euro entgehen.
Bei amerikanischen Technologiefirmen entstand nach den NSA-Enthüllungen bereits spürbare Unruhe. Während sich die Bevölkerung in den USA bislang nur mäßig empörte, scheint sich Lobbydruck durch Unternehmen aufzubauen, die entgangene Gewinne durch flüchtende Kunden fürchten.
Auf ähnliche Überwachungsprogramme von Großbritannien und Frankreich ging Kroes allerdings nicht ein. PRISM-Informant Edward Snowden plauderte auch über Tempora, das umfangreichstes europäische Überwachungsprogramm, mit dem Großbritannien den weltweiten Internetverkehr durch angezapfte Glasfaserkabeln mitschneidet. Nach einem Bericht der Tageszeitung Le Monde erfasst und speichert zudem auch der französische Geheimdienst DGSE umfassende Kommunikationsdaten der Bürger ohne klare rechtliche Grundlage.
[mit Material von Bernd Kling, ZDNet.de]
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