EU-Kommission fordert niedrigere Festnetz-Gebühren in Deutschland

Auf ihrem Kreuzzug für einen besseren Wettbewerb der ITK-Branche in Europa will die EU-Kommissarin Neelie Kroes die widerborstigen Deutschen zum Einlenken bringen. Den Vorschlag der Bundesnetzagentur, Zustellungsentgelte drei Mal so hoch wie in anderen EU-Staaten festzusetzen, findet sie nicht gut, verlautbart sie nun öffentlich.

Zustellungsentgelte sind Tarife, die Telekommunikationsnetzbetreiber sich gegenseitig für die Anrufzustellung zwischen ihren Netzen in Rechnung stellen. Warum sie in Deutschland höher sind, erklärt Telefónica-Sprecher Markus-Oliver Goebel die hohen Summen, die von der Bundesnetzagentur angesetzt sind: “In Deutschland zahlt nur der Anrufer. Gehen die EU-Forderungen durch, wird Telefonieren zwar billiger, aber wir bekommen amerikanische Zustände mit Ansagen wie ‚Receiver pays‘. Ich will doch nicht für nervige Anrufe irgendwelcher Marketing-Menschen auch noch bezahlen!“. Goebel hat gut reden, denn sein Arbeitgeber hat ein eigenes Netz zumindest im Mobilfunkbereich, zu dem das gleiche EU-Thema diskutiert wird – Telefónica-Tochter O2 verdient prächtig an der Netznutzung durch andere Telekommunikationsunternehmen.
Diese Argumentation ist bei der EU aber noch nicht angekommen – die Bundesnetzagentur hatte es versäumt, ihren Gegenvorschlag zu den Komissionsvorgaben innerhalb von drei Monaten mit einer Begründung zu unterminieren. Hierzulande sind Festnetz-Zustellungsentgelte zwischen 0,25 Cent und 0,36 Cent pro Minute fällig, beim Mobilfunk sind es sogar 2 Cent. In anderen europäischen Festnetzen sind durchschnittlich nur 0,1 Cent pro Minute “Fremdnutzung” des Festnetzes zu bezahlen.
Kroes droht nun der Bundesnetzagentur mit “geeigneten rechtlichen Schritten”, wenn sie sich nicht an die EU-Vorgaben hält. Andere EU-Wiederverkäufer sollen nach ihrem Willen auch eine Chance im lukrativen deutschen Markt bekommen.