Was steckt wirklich hinter den Gratisangeboten von Microsoft?

Microsoft hat zuletzt auf der Entwicklerkonferenz Build 2014 in San Francisco angekündigt, Windows an Hardware-Partner “verschenken” zu wollen. Demnach sollen Hersteller von Smartphones und Tablets mit einer Displaydiagonalen unter 9 Zoll das Betriebssystem künftig kostenlos bekommen und sich somit die Lizenzgebühren sparen.
Darüber hinaus kursierten bereits im Dezember Gerüchte darüber, dass Microsoft sein Tablet-Betriebssystem Windows RT sowie sein Mobile-OS Windows Phone den Endgeräteherstellern in Zukunft gratis überlassen könnte. Erst im vergangenen Monat sickerten zudem Informationen durch, dass die Redmonder ein kostenfreies Windows 8.1 anbieten könnten, welches identisch mit dem kommenden Update 1 für die aktuelle Betriebssystemversion ist.
Hinter dem vermeintlich uneigennützigen Verhalten steckt offenbar eine Strategie: Indem der Konzern aus Redmond seine Produkte kostenfrei zur Verfügung stellt, will er seine breite Nutzerbasis erhalten und weiter ausbauen. Dieses Vorhaben setzt das Unternehmen einerseits indirekt über seine Hardware-Partner um und reagiert damit auch auf rückläufige Lizenzeinnahmen. Andererseits wendet sich der Konzern auch direkt an die Anwender, indem er sie vermehrt mit Gratisangeboten für seine Software lockt. Damit könnte Microsoft ein alternatives Geschäftsmodell verfolgen, das vorsieht, die Nutzer mittels kostenloser Produkte für Cloud- und Abodienste wie OneDrive oder Office zu gewinnen.
Für Anwender lohnt es sich jedoch, genauer hinzuschauen, denn viele kostenfreie Microsoft-Angebote haben den einen oder anderen Haken. Ein Beispiel dafür ist etwa Office für iPad, das der Softwarekonzern seit Ende März zum kostenlosen Download im App Store anbietet.
Obwohl das Paket bestehend aus den Produktivitätsanwendungen Word, Excel, PowerPoint und OneNote für das iPad innerhalb der ersten Woche bereits 12 Millionen Mal heruntergeladen wurde und dieser Erfolg Microsoft in seiner Strategie bestärken dürfte, basiert dieses Angebot doch lediglich auf dem sogenannten Freemium-Modell. Das bedeutet, dass trotz des kostenlosen Downloads ein Abonnement von Office 365 vonnöten ist, um Dokumente erstellen, bearbeiten und formatieren zu können. Andernfalls sind die Apps in ihrer Funktionalität beispielsweise auf das Kopieren von Inhalten oder das Öffnen von Dokumenten beschränkt.

Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass Microsoft seine Cloudlösung Office 365 im Rahmen des Programms “Technology for Good” (Technik für gute Zwecke) gemeinnützigen Organisationen in vollem Funktionsumfang und gratis zur Verfügung stellt. Aber auch dieses Angebot hat Grenzen: So kostet das Paket ab der Variante Office 365 Enterprise E3 für die Nonprofit-Organisationen 4,30 Euro pro Nutzer und Monat.
Parallel verfolgt Microsoft schon länger eine Open-Source-Strategie. Auch hier gab es Neuerungen. Denn ebenfalls auf der Entwicklerkonferenz Build 2014 kündigte der Konzern an, über seine neu gegründete .NET Foundation künftig noch mehr Entwicklertools und Technologien als quelloffen und somit lizenzkostenfrei freigeben zu wollen. Beispielsweise wurde der Compiler der von Microsoft entwickelten Programmiersprachen C# und Visual Basic, der unter dem Codenamen Roslyn entwickelt wird, nun unter die Open-Source-Lizenz Apache 2.0 gestellt. Zudem hat der Konzern kürzlich etwa auch die Javascript-Bibliothek WinJS als Open Source freigegeben.
Ausgewählte Gratisangebote von Microsoft im Überblick |
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Produkt | Funktion | Voraussetzungen | |
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Windows und Windows Phone | Hardware-Partner von Microsoft können die entsprechenden Betriebssysteme künftig kostenlos auf ihren 9-Zoll-Tablets respektive ihren Smartphones installieren. | Gilt im Wesentlichen für Einsteigergeräte. Firmengeräte oder Tablets mit Docking-Komponenten bleiben außen vor. | |
Office für iPad | Word, Excel, PowerPoint und OneNote für das iPad können kostenlos heruntergeladen werden. Damit können Nutzer etwa Dokumente von OneDrive oder in Form von E-Mail-Anhängen öffnen. | Office für iPad basiert auf dem sogenannten Freemium-Modell. Das bedeutet: Der Download der Anwendungen ist zwar gratis, deren Funktionsumfang dafür jedoch eingeschränkt. Dokumente können nur bei Erwerb eines Office-365-Abonnements bearbeitet werden. Es kostet für Endkunden 99 Euro im Jahr, für Unternehmen werden 58,55 Euro und mehr fällig. | |
Office Online (ehemals Office Web Apps) | In Verbindung mit OneDrive lassen sich browserbasierende Gratisversionen von Word, Excel, PowerPoint und OneNote nutzen. | Es wird ein OneDrive-Account benötigt. Weiterhin ist der Funktionsumfang eingeschränkt. Für Unternehmen ist Office Online nur als Bestandteil eines kostenpflichten Office-365-Abonnements nutzbar. | |
Office 365 für gemeinnützige Organisationen | Microsoft bietet die Cloudlösung im Rahmen des Programms “Technology for Good” (Technik für gute Zwecke) für Nonprofit-Organisationen in 41 Ländern gratis an. | Für den Erhalt einer Gratisversion von Office 365 wird eine Bewerbung durch die gemeinnützigen Organisationen vorausgesetzt. Office 365 Enterprise E1 (maximal 50 Nutzer) erhalten diese gegen eine Spende. Office 365 Enterprise E3 ist hingegen auch für Nonprofit-Organisationen kostenpflichtig (4,30 Euro pro Benutzer und Monat) | |
OneNote | Digitales Notizbuch, mit dem sich Notizen laut Microsoft leicht ordnen lassen und das in Konkurrenz zu Evernote steht. Die Gratisversion enthält nun alle Kernfunktionen und steht seit kurzem auch für Mac OS zum Download bereit. | Voraussetzung für die Nutzung ist ein Microsoft-Konto. Außerdem wird gleich in Punkt 1a der Lizenzbestimmungen für OneNote für iOS sowie für Mac OS festgelegt, dass es lediglich für nichtkommerzielle Zwecke verwendet werden darf – obwohl in der Beschreibung des Produkts bei iTunes damit geworben wird, dass sich Notizbücher mit Kollegen synchronisieren lassen. Bei der Android-Version von OneNote ist Microsoft großzügiger: Die – auch kommerziellen – Nutzungsrechte sind in zahlreichen Varianten von Office 365, darunter Home, ProPlus, Small Business Premium und Midsize Business, bereits enthalten. | |
Hyper-V Server 2012 | Seit der Windows-Server-Version 2008 ist der Hypervisor (zur Bereitstellung einer virtuellen Maschine) kostenlos als Standalone-Version verfügbar. | Die Standalone-Version enthält im Gegensatz zur mit Windows Server 2012 ausgelieferten Variante keine vollständige grafische Nutzeroberfläche. Abgesehen davon sind alle Kernfunktionen enthalten, die sich auch im Serverbetriebssystem finden. | |
Microsoft Security Essentials | Kostenloser Virenscanner für Windows XP, Vista und Windows 7. Erkennt auch Rootkits und spürt Malware verhaltensbasiert auf. | Der Funktionsumfang beschränkt sich auf die Erkennung von Viren und Spyware. Um Firewall-Schutz zu erhalten, muss jedoch zusätzlich auf die Windows-Firewall oder andere Lösungen zurückgegriffen werden. | |
Sysinternals Suite | Tool-Sammlung für eine detaillierte Systemanalyse- und Verwaltung von Windows. Bekannte Werkzeuge sind etwa der Process Explorer oder Autoruns. | Nach der Übernahme der Software-Schmiede Sysinternals im Jahr 2006 stellte Microsoft die Windows-Powertools als Freeware zum Download bereit. |
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