Auch nach BGH-Urteil: Streit um Aussagen zu Gebrauchtsoftware

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(Bild: Shutterstock/Rugdal)

Usedsoft hat mit einer Abmahnung ein von Microsoft bei Youtube veröffentlichtes Video löschen lassen. Wie der Gebrauchtsoftwarehändler mitgeteilt hat, habe Microsoft die Abmahnung akzeptiert und wie gefordert erklärt, das Video nicht weiter zu nutzen sowie die Kosten der Abmahnung voll übernommen. In dem Video habe Microsoft eine Reihe von Behauptungen aufgestellt, die den Urteilen von BGH und EuGH zum Thema Gebrauchtsoftware widersprachen.

Usedsoft hat Microsoft per Abmahnung Aussagen zu Gebrauchtsoftware in einem Video bei Youtube untersagen lassen.

Laut Usedsoft wurde unter anderem erklärt: “Schließlich sollte man als Käufer doch vor allem wissen, was für einen Lizenzvertrag man überhaupt erwirbt, welche Rechte und Pflichten sich daraus ergeben, oder ob für die Übertragung der Lizenzen die Zustimmung des Herstellers erforderlich ist beziehungsweise tatsächlich vorliegt. Denn das Frankfurter Landgericht entschied kürzlich, dass dem Käufer allein mit selbst erstellten Lizenzurkunden und notariellen Bestätigungen zum Software-Lizenzerwerb noch keine Lizenzen übertragen werden.”

Damit, so Usedsoft, suggerierte dass das Video, “dass die Softwarelizenzübertragung von der Zustimmung des Softwareherstellers abhängt.” Genau dies treffe aber mindestens seit der zweiten Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen I ZR 129/08) nicht mehr zu. “Die Urteile von EuGH und BGH lassen keine Fragen offen. Wenn die Software-Hersteller etwas anderes behaupten, sind das lediglich plumpe Versuche, die Kunden zu verunsichern, die man getrost ignorieren kann”, wird Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider in einer Pressemitteilung zitiert. Am 17. Juli 2013 hatte das oberste deutsche Gericht Usedsoft Recht gegeben, indem es den Handel mit gebrauchter Software für grundsätzlich rechtmäßig und anderslautende Lizenzbedingungen für nichtig erklärte.

BGH-Aussagen zu Gebrauchtsoftware vom Juli 2013

In der Urteilsbegründung heißt es dazu: “Hat der Inhaber des Urheberrechts dem Herunterladen der Kopie eines Computerprogramms aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt, sind der zweite oder jeder weitere Erwerber einer Lizenz zur Nutzung dieses Computerprogramms nach § 69d Abs.1 UrhG zur Vervielfältigung des Programms berechtigt, wenn das Recht zur Verbreitung der Programmkopie erschöpft ist und der Weiterverkauf der Lizenz an den Erwerber mit dem Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist.”

Hinsichtlich der “Erschöpfung des Urheberrechts” hat der Bundesgerichtshof allerdings einige Bedingungen festgelegt. Das Urheberrecht hat sich ihm zufolge erschöpft, wenn der Hersteller vom Erstkäufer eine “dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung” bekommen sowie mit dem Kauf das Recht erworben hat, die Software zeitlich unbegrenzt zu nutzen. Zudem müssen nach dem Kauf zur Verfügung gestellte Verbesserungen und Aktualisierungen von einem Wartungsvertrag abgedeckt sein. Natürlich gehört zu den Bedingungen auch, dass der Ersterwerber seine Kopie unbrauchbar gemacht hat. Letzteres war aber nie in Frage gestellt worden – schließlich ging es nicht um die Vervielfältigung, sondern den Weiterverkauf von Software gehen.

Wichtig ist zudem, dass laut BGH das Recht zum Weiterverkauf auch nicht durch die Lizenzbedingungen ausgehebelt werden kann: Das einmal eingeräumte Recht zur „bestimmungsgemäßen Benutzung“ kann durch vertragliche Bestimmungen nicht ausgeschlossen werden, die dieses Recht dem Ersterwerber vorbehalten sei, so die Richter.

Wichtig ist auch, dass bereits der vom BGH befragte EuGH die Frage der Aufspaltung von Lizenzen geklärt hatte: Verboten ist nur eine Lizenz auf mehrere Nutzer zu verteilen – was ja einer Vervielfältigung gleichkäme. Erlaubt ist dagegen zum Beispiel, Lizenzen aus einem Volumenlizenzvertrag für 1000 Nutzer, in zehn Paketen zu je 100 Nutzerlizenzen weiter zu veräußern.

Gegen die Aufspaltung von Lizenzen aus Volumenverträgen hatte sich besonders Microsoft gesträubt. Bereits im Dezember 2012 hatte allerdings das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Blick auf den EuGH im Streit um Adobe-Lizenzen entscheiden, dass der Weiterverkauf von einzelnen Lizenzen, die ursprünglich im Rahmen eines Volumenlizenzvertrags erworben wurden, keine unzulässige Aufspaltung sei. Das Aufspaltungsverbot des EuGH beziehe sich nur auf die “abweichende Sachverhaltskonstellation” von Client-Server-Lizenzen.

Während die Hersteller bei Softwarelizenzen aus zweiter Hand nun nur noch letzte Rückzugsgefechte liefern können, zieht am Horizont schon das nächste große Streitthema herauf: Die Frage, in welchem Umfang Dritte berechtigt sind, Wartung und Support für Software anzubieten. Sie wird bei großen Konzernen bereits diskutiert. Es mehren sich aber auch die Hinweise, dass Softwareanbieter bereits in einigen Fällen äußerst interessante Sonderkonditionen eingeräumt haben, um Drittanbieter aus dem Geschäft zu drängen. Bis auch dieses Thema die deutschen Gerichte beschäftigt, ist es wohl nur eine Frage der Zeit.

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