Erfolgreich in Deutschland: ZTE, der IT-Riese aus China

Preisfrage: Welches Hightech-Unternehmen zählt seit Jahren zu den Firmen mit den meisten Patentanmeldungen, beschäftigt 50.000 Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung, unterhält weltweit 18 Forschungszentren und ist auch in Deutschland mit elf Niederlassungen präsent? IBM? HP? Cisco vielleicht? Falsch. Das gesuchte Unternehmen heißt ZTE und hat seinen Sitz im chinesischen Shenzhen.
Das 1985 als Zhongxing Semiconductor gegründete Unternehmen ist mit TK-Ausrüstungen und Netzwerklösungen groß geworden und gehört längst auch außerhalb Chinas zu den größten Anbietern für Telekommunikationsausrüstung und Netzwerkequipment. Das Unternehmen bietet in diesem Bereich ein komplettes Produktportfolio für Mobilfunkanbieter, Carrier, Organisationen oder große Unternehmen.

Debüt auf der CeBIT 2014
Auf der Cebit 2014 war ZTE erstmals mit einem eigenen Stand vertreten, um seine Lösungen im Bereich Enterprise Business zu zeigen, darunter beispielsweise auch ein Videokonferenzsystem. Daneben investiert der chinesische Konzern praktisch in alle Technikbereiche, die irgendwie mit Netzwerktechnik zu tun haben: Breitbandnetze, Cloud Computing, Big Data, Gesundheitswesen, Bildung, Logistik sowie Netzwerktechnologien, die Verkehr und Infrastrukturen in der Großstadt unterstützen: Smart City, Smart Healthcare, kein Schlagwort fehlt.
Laut ZTE hat der Bereich Enterprise Business 2013 einen Anteil von etwa 10 Prozent am gesamten Jahresumsatz von ZTE. Der Anteil soll in den nächsten Jahren auf 30 Prozent steigern.

Elf Standorte in Deutschland
Die deutsche Website wirkt im Moment noch etwas ungelenk. Doch das in Düsseldorf ansässige Tochterunternehmen, die ZTE Deutschland GmbH, hat mit ihren etwa 200 Mitarbeitern bereits “Projekt Offices” in elf Standorten, darunter Frankfurt am Main, Berlin, Hannover und München eingerichtet.
Für den deutschen Kabelnetzbetreiber Primacom baut ZTE das Netz aus. Für den Mobilfunkanbieter E-Plus hat der TK-Riese seit Januar 2014 gleich den ganzen Netzbetrieb übernommen. Mit Netzwerktechnik und TK-Ausrüstung wird man allerdings nicht – zumindest nicht mehr – berühmt.
Das mag einer der Gründe sein, warum ZTE in Deutschland auch mit Smartphones und Tablets auf den Markt drängt. 2012 kam in Deutschland das erste Smartphone mit ZTE-Logo in den Handel, davor schon hatte ZTE preiswerte Geräte an Mobilfunkanbieter geliefert, die diese unter eigenem Logo vermarkteten.
Laut IDC sollen 2014 weltweit 1,2 Milliarden Smartphones verkauft werden. Da verwundert es nicht, dass auch ZTE mitmischen will. Nach aktuellen IDC-Zahlen vom April 2014 von IDC gehört ZTE weltweit aber noch nicht zu den Top 5 der Smartphone-Hersteller. Da ist Huawei mit dem dritten Platz hinter Samsung und Apple und vor Lenovo und LG schon wesentlich weiter. Allerdings ist ZTE zumindest dem südkoreanischen Mitbewerber LG dicht auf den Fersen. Laut Gartner hatte LG 2013 weltweit knapp 70 Millionen Handys (ohne Smartphones) an Endverbraucher abgesetzt, ZTE schon knapp 60 Millionen.
Bis ZTE in Deutschland eine “echte Marke” wird, dürfte es noch etwas dauern. Das verdeutlicht ein Blick auf die aktuellen Bestsellerlisten von Amazon. Unter den ersten zehn Handys bei Amazon sind neben den üblichen Verdächtigen wie Samsung, Motorola und LG auch zwei Huawei-Handys, das preiswerte Ascend Y300 (Platz 9) und das Ascend Y530 (Platz 10). Geräte von ZTE sind hier trotz guter Testberichte noch nicht mal unter den Top 100.
Gute Testberichte und Riesen-Smartphones
Doch inzwischen wächst die Anerkennung für die Mobilgeräte aus Shenzhen und das Unternehmen baut sein Sortiment beharrlich aus. Anfang Mai 2012 stellt ZTE ein neues Smartphone aus seiner Blade-Serie vor. Das Blade L2 ist mit 5-Zoll-Touchscreen, Quad-Core-Prozessor (1,3 GHz) und 5-Megapixel-Kamera ausgestattet. Das Android-Gerät kostet nur 129 Euro. Angesichts der Leistungsdaten muss man von einem echten Schnäppchen sprechen. Auch Tablet-PCs wie beispielsweise das bei Vodafone erhältliche Smart Tab sind im Angebot.
Daneben zeigen sich die Chinesen als experimentierfreudig und präsentieren auch Smartphones mit Firefox OS, wie das Open C. Das Gerät mit dem von der gemeinnützigen Mozilla Corporation entwickelten Mobilbetriebssystem ist im Ebay-Shop von ZTE schon für 85 Euro zu haben.

Spielekonsole Funbox
Mit der im März vorgestellten “Funbox” versucht man sich auch im Bereich Home Entertainment. Die Konsole soll ihre Nutzer durch Spiele, Videochats und Online-Videos unterhalten. Die “Funbox” ist dabei mehr als nur ein Nachzügler- oder “Me-Too”-Produkt. Der Tegra-4-Prozessor und der 72-Kern-Geforce-Grafikchip von Nvidia machen das Gerät laut ZTE zur “leistungsstärksten Home-Entertainment-Konsole, die derzeit weltweit erhältlich ist”.
Fehlen eigentlich nur noch die Spiele. Die sollen vom chinesischen Videospielhersteller “The9 Limited” kommen. Verkauft wird die Funbox derzeit nur auf JD.com, einem chinesischen Onlineshop. Ob und wann die Konsole auch nach Deutschland kommt, ist noch unklar.

Viel Geld für Forschung und Entwicklung
Auch wenn die Aktivitäten auf dem Consumer-Markt bisher noch nicht den schnellen Durchbruch gebracht haben, ZTE wird aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten Jahren zu den wichtigsten Player in Europa werden. Das liegt auch daran, dass das Unternehmen sehr viel Geld für Innovationen ausgibt.
In Sachen Forschung und Entwicklung ist ZTE ganz vorne mit dabei. So lässt sich auf den Seiten der WIPO (World Intellectual Property Organization) nachlesen, dass ZTE 2012 insgesamt 3906 Patente eingereicht hat, und damit mit deutlichem Abstand vor Panasonic (2001 Patentanträge) auf Platz eins der Patentanträge liegt. Das deutsche Unternehmen Robert Bosch übrigens liegt hier mit 1775 Anträgen auf Platz 5. 2013 lag dann wieder Panasonic vorne und ZTE auf Platz 2.

Patentstreit um LTE
ZTE besitzt zudem eine Reihe von Patenten bei der zukunftsträchtigen LTE-Technik. Das Unternehmen hielt nach eigenen Angaben 2011 bereits 235 Patente für den schnellen Mobilfunkstandard LTE.
Doch wo Patente sind, da sind auch Rechtsanwälte. Der Konkurrent Huawei will in Europa einen Teil der Patente nicht anerkennen und geht in Deutschland teilweise gerichtlich gegen ZTE vor, beispielsweise um den Verkauf bestimmter LTE-Basisstationen zu untersagen, die nach Ansicht Huaweis wiederum auf Huawei-Patenten beruhen.
Was kommt nach ZTE?
Für ZTE stehen die Chancen gut, dass es in Europa nach Lenovo und Huawei zur dritten großen chinesischen Marke wird. Der IT-Gigant ist sicherlich nicht der letzte Hersteller aus dem Reich der Mitte, der hierzulande erfolgreich wird. Einen Namen kann man sich schon mal merken: Xiaomi, ein Elektronikhersteller aus Peking. Auch dieses Unternehmen hat im Moment eine noch etwas ungelenke deutsche Website – aber schon drei Smartphones im Angebot.
