Umstrittene Internet-Steuer in Ungarn ist vorerst vom Tisch

Politik
Bundesgerichtshof bestätigt Urheberrechtsabgabe auf Drucker und PCs (Bild: Shutterstock /KitchBain)

Der Protest von zehntausenden Bürgern in Budapest hat offenbar Wirkung gezeigt. Die ungarische Regierungspartei Fidesz hat den Gesetzentwurf für eine Internet-Steuer erst einmal zurückgezogen. In einem Radiointerview erklärte Viktor Orbán, dass die geplante Steuer “nicht in ihrer jetzigen Form eingeführt werden kann”. Eine “nationale Befragung” zum Jahresbeginn soll eine Basis für weitere Diskussionen liefern.

Umstrittene Internet-Steuer in Ungarn ist vorerst vom Tisch (Bild: Shutterstock /KitchBain)

Bereits zu anderen Themen wurden die ungarischen Bürger auf diese Weise befragt. Darauf weist das Budapest Business Journal (BBJ) hin. Diese umfassten den Versand eines Fragebogens per E-Mail an Bürger des Landes.

Orbán zufolge soll die geplante Internet-Steuer die Telekommunikationssteuer erweitern. Die Telekommunikation fände vermehrt im Internet statt, daher müsse “das Steuersystem den natürlichen Bewegungen des Lebens” folgen. Dass Menschen Fragen zu einer neuen Steuer stellen, sei normal, gab der Regierungschef zu, allerdings sei der Disput in diesem Fall “aus dem Ruder gelaufen”.

Regierungskritiker stehen dem BBJ zufolge Orbáns Ankündigungen skeptisch gegenüber. Die Partei Demokratische Koalition (DK) des ehemaligen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány, stört sich an der Aussage Orbáns, dass die Internet-Steuer nur nicht in ihrer jetzigen Form komme. Der Ministerpräsident hätte eine der Demonstrationen besuchen sollen, erklärte DK mit Blick auf die geplante Bürgerbefragung. “Sie hätten am Dienstagabend Zehntausende befragen können, wo waren Sie?”. Auf ihrer Facebook-Seite schrieb die Partei: “Fidesz behandelt uns wieder wie Idioten, seht Ihr das nicht?”.

Der Vorsitzende der liberalkonservativen Partei Modern Magyarország Mozgalom (MoMa), Lajos Bokros, schrieb auf Facebook: “Sogar seine [also Orbáns] Anhänger sind gegen die Internet-Steuer. Ich frage mich, wohin die nationale Befragung führen wird.”

Trotz des zurückgezogenen Gesetzentwurfs will die Facebook-Gruppe, die zwei Protestzüge gegen die Internet-Steuer organisiert hatte, heute weiter demonstrieren, um den vorläufigen Sieg zu feiern. Etwa 100.000 Bürger hatten an den beiden vorherigen Kundgebungen auf dem József Nádor Platz in der Hauptstadt Budapest teilgenommen. Via Twitter hatte sogar EU-Kommissarin Neelie Kroes zur Solidarität mit den Demonstranten aufgerufen. Heute erklärte sie in einem Tweet: “Sieht so aus, als ob die ungarische Regierung die geplante Internet-Steuer zurückzieht. Gute Nachrichten.”

Der Gesetzentwurf sieht in der derzeitigen Fassung eine Steuer von 150 Forint (umgerechnet 0,49 Euro) pro Gigabyte Datenverkehr für Internetprovider vor, der von Privatkunden und Firmen verursacht wurde. Das Gesetz soll 2015 in Kraft treten. Die Regierungspartei konkretisierte am vergangenen Sonntag die Pläne. Demnach soll eine monatliche Obergrenze von 700 Forint (2,27 Euro) für Privatpersonen und von 5000 Forint (16,20 Euro) für Unternehmen gelten.

Währenddessen hat die spanische Regierung die sogenannte Google-Steuer beschlossen. Sie ist Teil einer Reform des Gesetzes über geistiges Eigentum. Dieses sieht Zahlungen an Verlage für Textauszüge vor, die von Google und anderen Suchmaschinenanbietern angezeigt werden. Ähnliches fordern einige deutsche Verlage unter dem Dach der VG Media mit dem Leistungsschutzrecht. Die NetMediaEurope Deutschland GmbH, die unter anderem mit den Marken ITespresso.de, ZDNet.de und silicon.de am deutschen Markt aktiv ist, ist nicht Teil der VG Media.

Google zeigte sich in einer ersten Stellungnahme enttäusch über das Gesetz. “Wir glauben, dass Dienste wie Google News den Verlegern helfen, indem sie Besucher zu ihren Websites bringen”, heißt es darin. “Wir werden auch in Zukunft mit den spanischen Verlegern zusammenarbeiten, um ihnen dabei zu helfen, ihre Einnahmen zu verbessern, während wir unsere Optionen im Rahmen dieser neuen Regelung einschätzen.”

[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de und Bernd Kling, ZDNet.de]

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