Open-Source-Software Detekt soll Staatstrojaner aufspüren

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nsa-auge (Bild: ZDNet.de)

Der Digitale Gesellschaft e.V. hat in Zusammenarbeit mit Amnesty International, Electronic Frontier Foundation sowie Privacy International eine Open-Source-Software namens “Detekt” zum Aufspüren von Staatstrojanern herausgebracht. Das kostenlos erhältliche Programm soll auf Windows-Rechnern Spuren bekannter Überwachungssoftware ausfindig machen.

detekt_open_source  (Bild: Resistsurveillance.org)
Detekt warnt in Form eines Warnhinweises vor möglichen Infektionen und empfiehlt, den betroffenen Computer vor einer Reinigung durch einen Fachmann nicht weiter zu nutzen (Bild: Resistsurveillance.org).

Vor dem Start der Anwendung sollten Anwender alle anderen geöffneten Applikationen schließen und sicherstellen, dass sie nicht mit dem Internet verbunden sind. Zudem muss das Tool mit Administratorrechten ausgeführt werden. Der Scan-Prozess kann abhängig von der Leistungsfähigkeit des Computers bis zu 30 Minuten in Anspruch nehmen. Nach Abschluss wird eine Ergebnisübersicht angezeigt und eine Protokolldatei mit weiterführenden Informationen angelegt. Das Programm kann allerdings keine verdächtigen Dateien entfernen.

“Mit der Software Detekt wollen wir es Journalisten und Menschenrechtsaktivisten ermöglichen, ihre Computer nach staatlicher Überwachungs- und Schnüffelsoftware zu durchsuchen. Die Software ist ein weiteres Werkzeug für eine erfolgreiche digitale Selbstverteidigung und hilft, sich gegen den Überwachungswahn der Staaten und Regierungen zur Wehr zu setzen”, erklärt Alexander Sander, Geschäftsführer des Digitale Gesellschaft e.V. “Dabei werden Unmengen von persönlichen Daten ausgeforscht, etwa die persönliche Kommunikation per Mail und Chat. Aber auch Webcams und Mikrofone können ohne das Wissen der Betroffenen eingeschaltet und für Überwachungszwecke missbraucht werden.”

Spionage-Ziele sind etwa Menschenrechtsgruppen, Journalisten, politische Gegner und Regimekritiker. Für sie kann die Überwachung – neben dem massiven Eingriff in ihre Privatsphäre – weitreichende Folgen haben. In autokratischen Systemen ist das Ausspähen der Kommunikation nämlich oft nur der erste Schritt, um zum Beispiel gezielt gegen Dissidenten vorgehen zu können. Wie spätestens durch die Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden bekannt ist, setzen aber auch demokratische Staaten Instrumente der Massenüberwachung ein.

Der Export solcher Software, die auch in europäischen Staaten entwickelt wird, unterliegt zudem keinen strengen Kontrollen. Der Digitale Gesellschaft e.V. setzt sich deshalb unter anderem im Rahmen des globalen CAUSE-Netzwerks für Exportkontrollen von Überwachungstechnik ein.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen forderte die deutsche Bundesregierung und den Bundestag kürzlich auf, die Ächtung und Kontrolle digitaler Überwachungstechnologien in Gang zu bringen. Ein erster Schritt in diese Richtung ist der Organisation zufolge mit der von der Europäischen Kommission vorgelegten Überarbeitung der EU-Verordnung 428/2009 für Güter mit doppeltem Verwendungszweck (Dual-Use) unternommen worden. Es seien aber weiterreichende Regelungen erforderlich, um den Handel mit solchen “menschenrechtsverletzenden Technologien” wirksam einzudämmen.

Im Oktober war bekannt geworden, dass Spionagetechnik des deutschen Unternehmens Gamma/Finfisher auch gegen Ziele in Deutschland verwendet wurde, obwohl die Geschäftsbedingungen des Unternehmens das eigentlich untersagen: Bahrainische Sicherheitsbehörden infizierten im Jahr 2012 Computer und mobile Endgeräte an 15 IP-Adressen in Deutschland mit einem Finfisher-Staatstrojaner. Unter anderem das European Center for Constitutional Rights in Berlin hat daher Anzeige gegen Finfisher erstattet. Fälle wie diese verdeutlichen, dass sich der Handel mit Überwachungstechnik zu einem Bumerang entwickeln kann. Auch deutsche Nachrichtendienste und Polizeibehörden drängen trotz massiver Kritik weiterhin auf einen Einsatz von Staatstrojanern. Allerdings ist unklar, ob ein solches Programm existiert, das den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien für den Schutz der Grundrechte standhielte.

[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]

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