Vodafone-Tochter fungierte angeblich als Abhörhelfer für den GCHQ

Offensichtlich haben Telekommunikationsunternehmen wie Vodafone dem britischen Geheimdienst GCHQ über das gesetzlich gebotene Maß hinaus beim Ausspionieren des Internet-Datenverkehrs geholfen. Das geht aus bisher noch unveröffentlichten Unterlagen aus dem Fundus von Whistleblower Edward Snowden hervor, die aber bereits NDR, WDR, der Süddeutschen Zeitung und dem britischen Fernsehsender Channel4 vorliegen. Die Zusammenarbeit zwischen dem GCHQ und dem 2012 von Vodafone erworbenen britischen Festnetzanbieter Cable & Wireless, der in den Unterlagen unter dem Tarnnamen “Gerontic” geführt wird, ist dabei besonders ausführlich dokumentiert. Für seine Dienste als “Abhörhelfer” hat er demnach Millionenbeträge kassiert.
Internen Kalendereinträgen des Geheimdienstes zufolge gab es ein “gemeinsames Projektteam” – bestehend aus Gerontic-Angestellten und Geheimdienstpersonal. Ein interner Wochenbericht belegt zudem, dass sich Mitarbeiter von Gerontic und GCHQ zu einer Besprechung “möglicher Einsatzrisiken” trafen, die “Gerontic identifiziert hat”. Überdies bestehen Hinweise darauf, dass ein Geheimdienstmitarbeiter als “integrierter Projektmitarbeiter” in das Unternehmen eingeschleust wurde. Mehrfach finden sich in den Dokumenten auch Verweise auf signifikante Geldflüsse zwischen dem britischem Geheimdienst und Gerontic. Allein im Februar 2009 soll die heutige Vodafone-Tochter im Gegenzug für den Zugang zu Untersee-Internetkabeln knapp 7,5 Millionen Euro erhalten haben.
Rund 70 Prozent der abgehenden Datenmenge, zu der der GCHQ Zugang hatte, sei 2009 über Gerontic geflossen, heißt es in weiteren Unterlagen. Auf diesem Weg hatte der Geheimdienst offenbar auch Zugriff auf Daten von Internetkabeln anderer Firmen. Diese wurden mithilfe eines Programms mit dem Codenamen “Incenser” angehäuft. Wie mehrere NSA-Dokumente belegen, wurde dieses Programm mindestens bis April 2013, und somit auch bis nach der Übernahme von Cable & Wireless, fortgesetzt.
Das britische Telekommunikationsunternehmen betont hingegen, dass es “Geheimdiensten und staatlichen Behörden in keiner Form den Zugang zu Kundendaten” gestatte, außer man sei “von Gesetzes wegen dazu verpflichtet und erhält entsprechende Aufforderungen”. Bei einer internen Untersuchung der Arbeitsweise von Cable & Wireless vor der Vodafone-Akquisition habe man “keinerlei Hinweise” auf Aktivitäten gefunden, die den Gesetzen in Deutschland, Großbritannien und der EU widersprächen.
Doch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hegt offenbar Zweifel an dieser Darstellung. Laut einem als Verschlusssache klassifizierten Schreiben des BSI an das Bundesinnenministerium, das NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung vorliegt, hatte die Behörde Mobilfunkunternehmen vor dem Hintergrund der Snowden-Enthüllungen zum Thema Datensicherheit befragt und nur bei Vodafones Antworten Bedenken geäußert. “Die Selbstauskunft von Vodafone Deutschland lässt für mobile Kommunikation innerhalb des deutschen Rechtsraumes bislang keinen eindeutigen Schluss zu, ob der Zugriff auf beziehungsweise die Ausleitung von Metadaten (beispielsweise Billing Informationen) oder SMS in ausländische Rechtsräume unterbleibt”, heißt es in dem Dokument.
Vodafone erklärte dazu gegenüber dem WDR, man verstehe nicht, wie das BSI zu solch einer Einschätzung komme und könne die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Daten deutscher Kunden gebe man ausschließlich auf Basis des deutschen Rechts weiter. Das Bundesinnenministerium betonte hingegen, man zweifle nicht an der Einschätzung des BSI. Bundesbehörden, die Verträge mit Vodafone haben, seien jedoch “aus wettbewerbsrechtlichen Gründen” nicht darüber informiert worden.
[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]
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