Gerichtsurteil: Internetnutzer dürfen Adblocker verwenden

Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass Nutzer uneingeschränkt Software einsetzen dürfen, die Werbeanzeigen auf Websites blockiert. Die Herausgeber von Zeit Online und Handelsblatt hatten dem Entwickler des Werbeblockers AdBlock Plus wettbewerbswidriges Verhalten vorgeworfen und auf Unterlassung geklagt.

“Das Urteil des Hamburger Gerichts ist wichtig, da es eine Präzedenzwirkung hat, die uns wahrscheinlich helfen wird, weitere Klagen und Kosten zu verhindern und das zu verteidigen, was wir als offensichtliches Verbraucherrecht ansehen: den Nutzern die Kontrolle über ihren eigenen Bildschirm zu geben, indem sie belästigende Werbung blockieren und ihre Privatsphäre schützen”, zitiert die BBC aus einem Blogbeitrag von Ben Williams, Projektmanager von AdBlock Plus.
Wie das Anwaltsportal Juve meldet, ging es in der Verhandlung primär um die Frage, inwieweit ein Anwender seinen Werbeblocker nach eigenen Wünschen einrichten kann. Das Gericht habe bestätigt, dass diese Einstellungen leicht vorgenommen werden können. Der Nutzer entscheide folglich selbst, welche Anzeigen er unterdrücke und welche nicht. Das Gericht habe ebenso den Vorwurf zurückgewiesen, der AdBlocker gehe gezielt gegen bestimmte Websites vor, was wiederum die Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch nach dem Wettbewerbsrecht sei.
“Da jetzt die rechtlichen Fragen geklärt wurden, möchten wir anderen Verlegern und Werbetreibenden die Hand reichen und sie ermutigen, mit AdBlock Plus zusammenzuarbeiten und nicht gegen uns”, führt Williams weiter aus. Der BBC zufolge wollen die Kläger nach Erhalt der schriftlichen Urteilsbegründung allerdings die Erfolgsaussichten auf eine Beschwerde prüfen.
“Wir sind immer noch davon überzeugt, dass AdBlock Plus illegal und wettbewerbswidrig ist”, heißt es in einer Stellungnahme der Herausgeber von Zeit Online und Handelsblatt. Der Adblocker verletze außerdem die Pressefreiheit.
Der Entwickler von AdBlock Plus, das in Köln ansässige Unternehmen Eyeo, muss sich laut dem Bericht gegen drei weitere Klagen zur Wehr setzen. Diese wurden von den Mediengruppen ProSiebenSat1, RTL Interactive und Axel Springer eingereicht.
Eyeo offeriert das Werkzeug AdBlock Plus kostenlos. Geld verdient das Unternehmen der BBC zufolge mit einer “White List”. Die besteht aus Anzeigen, die es seine Filter passieren lässt. Sie müssen gewisse Kriterien erfüllen und dürfen zum Beispiel weder Animationen noch Audio beinhalten. AdBlock Plus zufolge kann sich zwar “niemand in die White List einkaufen”, die Bedingungen der kostenpflichtigen “Support Services” veröffentlicht das Unternehmen jedoch nicht.
Der Streit zwischen den Verlagen und den Entwicklern von Werbeblockern ist schon seit Längerem im Gange. 2013 hatten unter anderem Spiegel Online, Süddeutsche.de, FAZ.net, Zeit.de, Golem.de und RP Online ihre Leser ersucht, auf Plug-ins zum Ausblenden von Werbung auf deren Nachrichtenportalen zu verzichten. Nur auf diese Weise sei die Sicherung eines kostenlosen Qualitätsangebots möglich.
Die Verlage kritisierten, dass Anwender ihnen mit solchen Programmen die wichtigste Einnahmequelle verweigern. AdBlock Plus argumentierte, die 2011 eingeführte Acceptable-Ads-Initiative sei ein Versuch, einen Kompromiss zwischen Internetnutzern und Verlegern zu finden.
[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]