Leetchi.com bietet Mikro-Crowdfunding nun auch in Deutschland an

Start-UpUnternehmen

Bisher ging es bei der Plattform in erster Linie darum, unter Freunden, Bekannten oder Kollegen Geld für gemeinsame Anschaffungen oder Aktivitäten einzusammeln. Mit den “öffentlichen Sammelpools” wird das nun auf die breite Öffentlichkeit erweitert. Finanzieren lassen sich so wohl zunächt am ehesten Spendenaktionen und Projekte vor Ort.

Die Plattform Leetchi.com führt mit den “Öffentlichen Sammelpools” eine Möglichkeit ein, wie Privatpersonen Geld für Kleinstprojekte und spontane Spendenaktionen sammeln können. Das französische Unternehmen bietet damit eine in seinem Heimatland bereits seit vergangenem Jahr verfügbare Funktion nun auch hierzulande an.

Leetchi.com Logo (Grafik: Leetchi.com)

Ursprünglich war Leetchi.com angetreten, um das Sammeln von Geld im Freundes- und Bekanntenkreis zu vereinfachen, zum Beispiel bei der Anschaffung von Geschenken für Geburtstage, Abschiede, Hochzeiten oder andere Feiern genutzt. Per Link eingeladene Personen können ihren Anteil direkt auf der Seite über mittels Sofortüberweisung, Giropay oder Kreditkarte entrichten. Der Organisator hat so immer im Blick, wieviel Geld insgesamt zur Verfügung steht und wer sich beteiligt hat. Er verfügt zudem nach Abschluss der Sammelaktion über das Geld.

Leetchi agiert als Treuhänder indem es das Geld bis zur Auszahlung verwaltet. Hierfür besitzt das Unternehmen eine europäische Banklizenz mit einer entsprechenden Vertretung in Luxemburg. Der gesamte Bezahlvorgang ist mittels HTTPS abgesichert. Als zertifizierter Zahlungsdienstleister unterliegt Leetchi.com den gesetzlichen Auflagen und Kontrollen.

Das Geld kann dann für eine Servicegebühr ab 2,9 Prozent auf ein Konto überwiesen werden oder kostenlos in einem der Leetchi-Partnershops ausgegeben werden. Deren Anzahl ist in Deutschland noch überschaubar, soll aber ausgebaut werden. Derzeit gehören neben Amazon vor allem Shops dazu, die sich auf Geschenke oder die Vermittlung von Ereignissen vermittelt haben und daher gut zum Sammelzweck passen. Wird der Gesamtbetrag des Pools an den Empfänger verschenkt, ist auch das kostenlos.

Fremde hatten weder eine Möglichkeit, die Aktion einzusehen noch sich zu beteiligen. Damit erfüllte Leechi.com ähnliche Funktionen wie die App Tabbt oder die App FlateMate, die sich im März in einem Microsoft-Gründerwettbewerb als Sieger durchgesetzt hat.

Céline Lazorthes, Gründerin und CEO der Leetchi-Gruppe (Bild: Leetchi.com)
Céline Lazorthes, Gründerin und CEO der Leetchi-Gruppe (Bild: Leetchi.com)

Mit den auch in Deutschland eingeführten öffentlichen Pools ändert sich das allerdings. Diese Sammelaktionen kann jeder einsehen und es kann sich auch jeder daran beteiligen. Erste öffentliche Pools wurden bereits eingerichtet, sie sammeln Leetchi.com zufolge in erster Linie Geld für Griechenland, soziale Projekte, Tierschutz, Bildung und Kultur.

Im Gegensatz zu klassischen Crowdfunding-Plattformen, die sich auf Vorhaben wie Unternehmensgründungen, Produktentwicklungen oder die Finanzierung von Kunstprojekten konzentrieren, sollen bei Leetchi.com Vorhaben aller Art und Größe eine Plattform finden. Außerdem dürfen die Geldgeber vom Initiator keine finanzielle oder materielle Gegenleistung für ihre Beteiligung erwarten. Schließlich soll das Geld einen bestimmten Zweck zugeführt werden.

Darauf, ob das dann auch tatsächlich getan wird, haben die Spender allerdings keinen Einfluss. Wie Anastasia Heilmann, Leiterin des Deutschlandgeschäfts von Leetchi.com auf Anfrage erklärt, ist Vertrauen in den Organisator der Sammelaktion eine Grundlage und Voraussetzung der Plattform. Allerdings hake man bei größeren Beträgen teilweise nach, um die Identität zu klären oder fordere den Organisator auf, Updates zu posten, um den Fortgang zu dokumentieren.

Grundsätzlich empfiehlt Heilmann Personen, die eine Aktion starten wollen, darüber so genau und ausführlich wie möglich Auskunft zu geben und sich selbst, wenn sie die Sprache nicht beherrschen auf den französischen Seiten der Plattform umzusehen, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie sich erfolgreiche Projekte dort präsentieren.

Das kann man derzeit vielen Nutzern nur dringend empfehlen: Wer mit neun Zeilen, einem netten, aber nichtssagendem Bild und keinerlei Angabe von Website oder Kontaktmöglichkeiten 450.000 Euro für ein Therapiezentrum für Pferde, Hunde und Katzen in Spanien einsammeln will, darf sich nicht wundern, wenn das nicht klappt. Zumindest theoretisch deutlich bessere Chancen dürften lokal verankerte Projekte haben, deren Durchführung Spender vor Ort begutachten und verfolgen können. Beispiele dafür sind die Sammelaktion eines bayerischen Fußballvereins für ein Fußball-Camp mit Schülern, ein Lyrikfestival in der Lausitz oder ein Projekt für den Erhalt von Technikgeschichte am Niederrhein. In diesen Fällen besteht auch die Möglichkeit, die Bewerbung für die Aktion auf andere Weise zu bewerkstelligen und die Funktionen von Leetchi.com lediglich für das Einsammeln zu verwenden, statt lediglich darauf zu hoffen, dass Nutzer der Plattform die Aktion wahrnehmen und unterstützen wollen.

Von ITespresso ausgewählte Beispiele der französischen Leetchi.com-Seite, die zeigen, wie sich ein Projekt präsentieren müsste, um überregional Erfolg haben zu können, sind etwa eine Informationskampagne gegen Belästigung von Frauen auf der Straße in Lyon, der Aufruf, für die Restaurierung eines Glockenturms in der Normandie zu spenden oder ein Praktikum von drei Studentinnen der Medizin in Kambodscha zu unterstützen.

Leetchi.com kann eigenen Angaben zufolge derzeit auf 3,5 Million Nutzer verweisen. Das Unternehmen wurde 2009 von Céline Lazorthes gegründet und ist Teil der Leetchi-Gruppe, zu der auch Leetchi Cash und Mangopay gehören. Leetchi.com hat bislang Investitionen in Höhe von über 7 Millionen Euro von Investoren aus dem Web- und Technologiesektor erhalten, darunter Oleg Tscheltzoff, dem CEO von Fotolia, dem in Frankreich recht bekannten Minitel-Pionier und Unternehmner Xavier Niel sowie 360 Capital Partners und Idinvest Partners.

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