Smart Meter und ihre Einführung in Deutschland

Am Freitag hat der Bundesrat über einen Gesetzentwurf diskutiert, mit dem unter anderem auch die Einführung sogennanter Smart Meter in Deutschland geregelt werden soll. Dr. Peter Heuell von Landis+Gyr, einem Anbieter solcher Geräte, nimmt im Gastbeitrag für ITespresso zu fünf Aspekten Stellung, die seiner Ansicht nach oft falsch verstanden werden.
Die Bundesregierung will in Deutschland so genannte “Smart Meter” einführen. Dazu hat sie am 4. November 2015 den Entwurf eines Gesetz zur “Digitalisierung der Energiewende” verabschiedet (PDF). Darin wird unter anderm. geregelt, wie und wann die neuen Stromzähler in Deutschland eingebaut werden. In den Medien liest man seither vom “Zwangseinbau für alle” und von jährlichen Zusatzkosten in Höhe von 100 Euro für die Verbraucher. Das ist aus unserer Sicht aber so nicht richtig. In diesem Beitrag sollen daher die fünf am weitesten verbreite Fehlannahmen im Zusammenhang mit Smart Metern behandelt werden.

Grundsätzlich werden als “Smart Meter” digitale Energiezähler bezeichnet. Im Gegensatz zum bisher genutzten analogen Zähler (“Ferraris-Zähler”) bieten die neuen Messgeräte den Verbrauchern jederzeit einen genauen Überblick über ihren laufenden Energieverbrauch. Über ein Display am Zähler werden sowohl die aktuellen als auch die historischen Verbrauchswerte angezeigt. Diese Basisapparate werden vom Gesetzgeber auch als “moderne Messeinrichtungen” bezeichnet.
Als intelligente Messsysteme (Abkürzung iMsys) werden Smart Meter dann bezeichnet, wenn sie zusätzlich mit einem Kommunikationsmodul ausgestattet sind – einem so genannten Gateway. Sie können so die gemessenen Daten auch übermitteln, beispielsweise an den Energieversorger. Die Datenübertragung erfolgt über Mobilfunkkanäle, wie UMTS oder LTE. Auch andere Wege, wie zum Beispiel die Powerline-Übertragung, sind möglich.
Diskussionspunkt: Bei jedem Stromkunden wird demnächst ein Stromzähler eingebaut, der seine Daten an Dritte überträgt.
Das ist falsch. So genannte “Intelligente Messsysteme”, also Stromzähler, die Daten an Dritte übertragen können, müssen nur dort eingebaut werden, wo ihr Nutzen besonders hoch ist. Das ist dort der Fall, wo besonders viel Energie verbraucht wird und wo Energie produziert wird. Dies ist das Ergebnis einer Kosten-Nutzen-Analyse, die das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Auftrag gab.
Die Mehrzahl der deutschen Haushalte hat einen Jahresverbrauch von 3500 bis 4000 kWh und ist daher von der Einbaupflicht nicht betroffen. Der Pflichteinbau beginnt 2017 mit Großverbrauchern, die mehr als 10.000 kWh pro Jahr verbrauchen. In diese Verbrauchsklasse fallen circa 2,2 Millionen der insgesamt ca. 43 Millionen Stromzähler in Deutschland. Ab 2020 sollen Haushalte folgen, die mehr als 6000 kWh im Jahr verbrauchen. In diese Verbrauchsklasse fallen ca. 2,4 Millionen Stromzähler.
Dem Messstellenbetreiber (dem für Einbau, Betrieb und Wartung der Messeinrichtung zuständigen Dienstleister) steht es aber ab 2020 frei, auch bei Verbrauchern unterhalb von 6000 Kilowattstunden Jahresverbrauch intelligente Messsysteme einzubauen. Damit soll allen Haushalten der Zugang zu neuen Dienstleistungen, wie günstigeren Tarifen, ermöglicht werden. In diesen Fällen werden aber Preisobergrenzen dafür sorgen, dass die Verbraucher keine zusätzliche finanzielle Belastung im Verhältnis zu den Stromeinsparungen tragen müssen.
Einfache elektronische Zähler ohne Kommunikationsmodul – vom Gesetzgeber als moderne Messeinrichtungen bezeichnet – sollen bis zum Jahr 2032 bei allen Haushalten eingeführt werden. Auch für sie gelten Kostenobergrenzen.
Diskussionspunkt: Für jeden Smart Meter in Haushalten fallen Kosten von 100 Euro im Jahr an.
Das stimmt nicht. Richtig ist, dass wie bisher auch, die Kosten für den Stromzähler grundsätzlich der jeweilige Verbraucher oder Anlagenbetreiber zu tragen hat. Neu ist aber der Kostenschutz mit individuellen jährlichen Preisobergrenzen (POG) für Einbau und Betrieb der Messsysteme. Die POG orientieren sich an den Energieeinsparpotenzialen, die beim Einsatz intelligenter Messsysteme erwartetet werden.
Die Kosten-Nutzen-Analyse des BMWi hat dieses Nutzenpotenzial errechnet. Die POG reichen je nach Verbrauchsklasse von 23 Euro ( bei weniger als 2000 kWh/a) bis 200 Euro pro Jahr (50.000 kWh bis 100.000 kWh/a). Im Falle eines optionalen Einbaus für Kunden unter 6.000 kWh/a werden die Kosten für den typischen Privathaushalt so vom Gesetzgeber bei 23 bis 60 Euro gedeckelt.
Diskussionspunkt: Mit Smart Metern kann man die Verbraucher ausspionieren.
Smart Meter zeichnen Verbrauchsdaten auf und können – insofern sie über ein Kommunikationsmodul verfügen – diese Daten an den Energieversorger übertragen. Aber solche personenbezogenen Daten unterliegen in Deutschland strengen Gesetzesauflagen. Eine umfassende Datenschutzregelung wurde daher im aktuellen Kabinettsentwurf für das “Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende” integriert.
Dieser Ansatz ist der weltweit konsequenteste in Bezug auf Sicherheitsanforderungen für intelligente Messsysteme. Eine sichere Übertragung der Daten wird anhand des Schutzprofils des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und den Technischen Richtlinien gewährleistet.
Konkret bedeutet dies, dass die Erhebung und Nutzung der Daten, ohne die Zustimmung des Verbrauchers nur in dem Maße vorgenommen wird, wie es für energiewirtschaftliche Zwecke erforderlich ist. Ableseintervalle müssen so datensparsam wie möglich eingerichtet werden, damit keine Rückschlüsse auf das Verhalten der Nutzer gezogen werden kann. Ferner werden die Daten, nachdem sie direkt beim Verbraucher verarbeitet wurden, an so wenige Stellen wie möglich übermittelt. Der Verbraucher hat zudem stets Einsicht in den aktuellen Stand der Verarbeitung seiner Daten. Und schließlich sorgen strenge Löschfristen dafür, dass die Daten langfristig für niemanden mehr zugänglich sind.
Diskussionspunkt: Smart Meter können “gehackt” werden und sind daher ein Sicherheitsrisiko für das Stromnetz.
Angriffe von außen stellen neben dem Datenschutz eine wesentliche Herausforderung für den Einsatz von Smart Metern dar. Aus diesem Grund wurde in Deutschland das Sicherheitszertifikat für Messsysteme vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entwickelt. Neben dem Datenschutz gewährleistet es Schutz vor Angriffen von Hackern.
Es sieht vor, dass Hersteller einen Firewall-Mechanismus in das Übertragungsmodul des Zählers integrieren, um Angriffe jeder Art wirksam zu verhindern. Eine Kommunikationsverbindung darf zudem nur vom Gerät aus nach außen aufgebaut werden und nicht umgekehrt. Sämtliche Kommunikationsflüsse müssen außerdem grundsätzlich verschlüsselt werden. Durch die hohen Auflagen an die IT-Sicherheit werden Bedrohungen durch Schadsoftware wie Stuxnet oder Hackerangriffe, wie sie in den USA oder europäischen Nachbarländern erfolgt sind, in Deutschland deutlich erschwert.
Diskussionspunkt: Smart Meter sollen Verbraucher dazu bringen, ihren Stromverbrauch stärker an den vorhandenen Strommengen auszurichten. Doch wer steht nachts auf, um Wäsche zu waschen, weil der Strom dann billiger ist?
Die so genannte “Lastverschiebung” ist eine kostengünstige Methode, weniger neue Stromleitungen zu bauen und Schwankungen bei der Energieproduktion auszugleichen. Der Verbrauch muss sich dafür stärker an den vorhandenen Energiemengen ausrichten. Das geschieht über Preisanreize mittels schwankender Strompreise – so genannter variabler Tarife.
Dass Millionen Verbraucher nachts aufstehen, um Spülmaschine und Trockner anzuschalten, weil der Strom dann billiger ist, ist unrealistisch und auch gar nicht das Ziel. Aber: Wenn zukünftig verstärkt so genannte smarte Haushaltsgeräte zum Einsatz kommen, könnten Haushaltsgeräte abhängig vom Strompreis gesteuert werden. Das ist im Interesse der Verbraucher, weil sie dadurch Kosten einsparen können. Vor allem elektrische Heizsysteme, wie Nachtspeicheröfen und Wärmepumpen können genutzt werden, um die Stromnutzung zu flexibilisieren.
Denn wenn eine Heizung für einen gewissen Zeitraum nicht geladen wird, hat das nicht unmittelbar Einfluss auf die Temperatur. Der zur Ladung notwenige Strombedarf ist daher zeitlich flexibel und kann somit vorgezogen oder nachgeholt werden. Energieverbrauch lässt sich auch über die Nutzung von Speichern verschieben. Elektroautos etwa könnten in Zukunft die Energie aufnehmen, wenn viel vorhanden ist und bei erhöhter Nachfrage wieder abgeben.
Anmerkung der Redaktion: Der Bundesrats hat am 18. Dezember über den Gesetzentwurf beraten. In seinem Beschluss (PDF) schlägt er einige Änderungen am Entwurf der Bundesregierung vor. Allgemein betont der Bundesrat, dass es keinen Roll Out “um jeden Preis” geben dürfe und Kosten und Nutzen in einem vernünftigen Verhältnis stehen müssen. “Die Letztverbraucher und Erzeuger dürfen nicht mit unverhältnismäßigen Kosten belastet und die grundzuständigen Messstellenbetreiber bzw. Netzbetreiber nicht zu einer betriebswirtschaftlich unverhältnismäßigen Einbaumaßnahme verpflichtet werden.”
Der Gesetzentwurf führt aus Sicht des Bundesrats in seiner aktuellen Form “jedoch nicht dazu, dass der Nutzen die anfallenden Kosten rechtfertigt. Gerade für die privaten Letztverbraucher wäre das Hinwirken des Gesetzgebers auf die Etablierung von lastflexiblen Tarifen zielführender als eine verpflichtende Ausstattung mit intelligenten Messsystemen. Damit Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, von den preissenkenden Effekten der Erneuerbaren Energien zu profitieren, sollte daher auf die Einführung lastflexible Tarife hingewirkt werden. Dies würde auch die freiwillige Nutzung intelligenter Messsysteme anreizen.