Digital Workplace: eine Vision und viele Fragen

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Beratung (Bild: Shutterstock / Konstantin Chagin)

Mit Schlagwörtern wie Digitale Transformation und Digital Workplace beschwören Branchengurus die Zukunft von Arbeitsplätzen in Unternehmen. Stoff für zahllose Studien, Umfragen und Podiumsdiskussionen. ITespresso erklärt, wo der digitale Arbeitsplatz Alltag ist und was Experten Sorgen bereitet.

Wenn es bei Podiumsdiskussionen um das große Ganze geht, macht sich in der Regel schnell eine gewisse Ratlosigkeit breit. Die Moderatoren versuchen, den Teilnehmern mit pointierten Fragen knackige Statements zu entlocken. Die Experten flüchten in Einzelaspekte und Beispiele und dann verheddert sich die Diskussion schnell in Details: Ratlosigkeit liegt in der Luft.

In gewisser Weise war dies auch beim IT-Roundtable in München so. Das Thema, das hier fürs große Ganze stehen sollte, hieß “Digital Workplace – High Performance dank kooperativer und intuitiver IT”. Teilnehmer der Diskussionsrunde waren Experten der Unternehmen Avanade, Ave Point, Datev, Dimension Data, sowie des Analystenhauses Avispador. Die Expertenrunde versuchte zu klären, inwieweit der “Digital Workplace” in Deutschland schon Realität ist und welche Probleme die Unternehmen damit noch haben.

Die Vorteile des Digital Workplace

Die Unternehmen in Deutschland haben erkannt, dass an der digitalen Transformation kein Weg vorbei führt, und sie wissen auch um die Vorteile. Das betonten nicht nur die Teilnehmer der Podiumsdiskussion, das ergibt sich auch aus aktuellen Umfragen. Laut einer Studie von Fujitsu vom Oktober 2015 bestehen die Vorteile nicht in erster Linie darin, dass der Umsatz schnell steigt. Zunächst einmal sind Unternehmen, die funktionierende Digital Workplaces betreiben, für hochqualifizierte Mitarbeiter attraktiver.

Unter Leitung der Moderatoren Wolfgang Miedl und Christoph Witte diskutierten Branchenexperten über den Digital Workplace. Von links nach rechts: Christoph Witte, Axel Oppermann (Avispador), Marc Hoffer (Avepoint), Matthias Sommermann (Datev), Tolga Erdogan (Dimension Data), Annette Rust (Avanade), Wolfgang Miedl  (Foto: Mehmet Toprak).
Unter Leitung der Moderatoren Wolfgang Miedl und Christoph Witte diskutierten Branchenexperten über den Digital Workplace. Von links nach rechts: Christoph Witte, Axel Oppermann (Avispador), Marc Hoffer (Avepoint), Matthias Sommermann (Datev), Tolga Erdogan (Dimension Data), Annette Rust (Avanade), Wolfgang Miedl (Foto: Mehmet Toprak).

Zudem sehen es auch Kunden und Geschäftspartner gerne, wenn ein Unternehmen technologisch auf dem neuesten Stand ist und beispielsweise die gemeinsame Projektarbeit über Collaboration-Plattformen und Chat-Tools möglich wird. Außerdem können die Unternehmen schneller und flexibler auf neue Marktentwicklungen reagieren. Die oben erwähnte Fujitsu-Studie wurde mit über 600 CEOs und IT-Entscheidern aus Deutschland, Großbritannien, Schweden und Spanien durchgeführt.

Wo Chat und Videokonferenzen schon Alltag sind

In vielen Unternehmen gehört der Digital Workplace, oder besser gesagt, einzelne Komponenten davon, inzwischen zum Alltag. Nach einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Smart Worker Club nutzen 86 Prozent der Mitarbeiter Chat-Anwendungen wie Whats App. 70 Prozent setzen auf Bildtelefonie via Skype oder Apples Facetime und 68 Prozent nutzen auch soziale Netzwerke im Beruf. Die Nutzung beschränkt sich allerdings in vielen Fällen auf die interne Kommunikation. So sind nur 33 Prozent der Mitarbeiter mit ihren Kunden über Chat-Applikationen verbunden, und nur 50 Prozent nutzen soziale Netzwerke für die Kommunikation mit den Kunden.

Die Grafik von Smart Worker Club zeigt, dass Kommunikationstechniken wie Chat oder Videokonferenzen in der internen Unternehmenskommunikation schon weit verbreitet sind, bei der Kommunikation mit Kunden dominieren noch herkömmliche Techniken wie E-Mail, Telefon oder Fax. Sogar die gute alte Briefpost wird ist bei 85 Prozent der Unternehmen noch gang und gäbe Grafik: Smart Worker Club).
Die Grafik von Smart Worker Club zeigt, dass Kommunikationstechniken wie Chat oder Videokonferenzen in der internen Unternehmenskommunikation schon weit verbreitet sind, bei der Kommunikation mit Kunden dominieren noch herkömmliche Techniken wie E-Mail, Telefon oder Fax. Sogar die gute alte Briefpost wird ist bei 85 Prozent der Unternehmen noch gang und gäbe (Grafik: Smart Worker Club).

Dass Unternehmen die Vorteile erkannt haben, sagt also noch lange nicht, dass der Digital Workplace schon überall im vollen Umfang Realität ist. Ähnlich wie die Teilnehmer des IT-Roundtable weist auch die Studie von Fujitsu darauf hin, dass es bei der Umsetzung der digitalen Lösungen vielfach noch hapert.

So glaubt beispielsweise nur jeder Dritte der Befragten, dass der digitale Umbau tatsächlich mit der Strategie des Unternehmens abgestimmt ist. Und nur jeder vierte IT-Entscheider ist wirklich sicher, dass die Entscheidungen “im Hinblick auf die Digitalisierung” die richtigen sind. Eine gewisse Ratlosigkeit ist also nicht nur bei Podiumsdiskussionen, sondern gelegentlich auch in der echten IT-Praxis zu finden.

Missverständnisse und Irrtümer

Das mag auch mit dem ein oder anderen Missverständnis zusammenhängen, dass sich im Top-Management breitgemacht hat. So glauben viele, dass die Digitalisierung von Geschäftsprozessen hauptsächlich der Job der IT-Abteilung wäre. Dementsprechend wird bei der Digitalisierung meistens auf Ziele wie Optimierung der Prozesse und Effizienz geachtet, und weniger darauf, ob die Technik auch dabei hilft, die Mitarbeiter innovativer und kreativer zu machen.

Unter Umständen ein fataler Irrtum, schließlich geht es nicht nur um die technologische Herausforderung sondern darum, die Geschäftsprozesse und den Alltag der Mitarbeiter und die Abläufe zu gestalten. Die Technik ist hier das wesentliche Hilfsmittel, aber nicht mehr.

"Knowledge Worker mit digitalen Arbeitsplätzen bleiben im Kampf um Talente in einer vernetzten Welt wettbewerbsfähig", sagt Robert Gögele, General Manager bei Avanade. (Foto: Avanade)
“Knowledge Worker mit digitalen Arbeitsplätzen bleiben im Kampf um Talente in einer vernetzten Welt wettbewerbsfähig”, sagt Robert Gögele, General Manager bei Avanade (Foto: Avanade).

Um noch eine Studie zu zitieren: Eine Umfrage von Avanade, einem Anbieter von IT-Lösungen auf Basis von Microsoft-Technik, kommt zu dem Schluss, dass 85 Prozent der Führungskräfte in Deutschland fälschlicherweise der Ansicht sind, “dass die Nutzung von E-Mails und sozialen Medien allein bereits einen digitalen Arbeitsplatz ausmacht”. An der internationalen Befragung nahmen auch 126 Führungskräfte aus Deutschland teil.

Bei der Einführung eines Digital Workplace für die Mitarbeiter ist also mit Hürden zu rechnen. Eine ist dabei die schrittweise und zielorientierte Einführung von technischen Lösungen. IT-Berater sind sich einig, dass es falsch wäre, eine Gesamtlösung inklusive Videokonferenzen, Chat-Tools, Collaboration-Tools, Smartphone-Apps und Cloud-Lösungen auf einen Schlag einzuführen und dann die Mitarbeiter in der Bedienung der Software zu schulen. Das funktioniert in der Regel nicht.

Mehr Erfolgsaussichten hat die Strategie, Schritt für Schritt vorzugehen, Software-Trainings auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter individuell abzustimmen und darauf zu achten, dass die Mitarbeiter tatsächlich konkrete Vorteile in ihrer Arbeit haben. Dabei müssen die IT-Manager übrigens auch darauf achten, dass die Ergonomie am Arbeitsplatz gewahrt bleibt. Stundenlange Arbeit auf einem Tablet mit 11-Zoll-Display kann die Produktivität hemmen.

Die schrittweise Einführung einzelner Anwendungen aus dem Gesamtpaket Digital Workplace hilft auch, Erfahrungen zu sammeln, die wiederum dabei helfen, die Business-Strategie zu überprüfen und neu zu justieren. Manchmal ist eben die Politik der kleinen Schritte der schnellste Weg, dem großen Ganzen näher zu kommen.

Passend: Die Podiumsdiskussion zum Thema "Digital Workplace" fand im Haus der Bayerischen Wirtschaft in München statt. (Foto: Mehmet Toprak)
Passend: Die Podiumsdiskussion zum Thema “Digital Workplace” fand im Haus der Bayerischen Wirtschaft in München statt (Foto: Mehmet Toprak).

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